85. "Leben live"-Gottesdienst, 16. November 2016
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
Alle Rechte vorbehalten.
Ein Nachdruck des revidierten Textes der Lutherbibel sowie jede andere Verwertung
in elektronischer oder gedruckter Form oder jedem anderen Medium bedarf
der Genehmigung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.


Themenpredigt: "Der Erste macht das Licht an ..."

Es gilt das gesprochene Wort!

"2. Korinther 4, 6:

"Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi."

"Gott hat einst gesagt:
‚Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten!'
Genauso hat er es in unseren Herzen hell werden lassen.
Uns sollte ein Licht aufgehen
und wir sollten erkennen:
Es ist die Herrlichkeit Gottes,
die wir sehen,
wenn wir auf Jesus Christus schauen."
(BasisBibel)

Paulus zitiert den Schöpfungsbericht.

Er tut es nicht wörtlich und doch so, dass jeder es erkennt und daran erinnert wird.

Am ersten Tag der Schöpfung wird die Welt mit dem Licht Gottes erhellt. Wir wissen um das Chaos, in das Gottes Schöpfermacht mit seinem Wort Licht bringt. Die Erde war wüst und leer: tohu wa bohu. Wir müssen nicht dabei gewesen sein, um zu wissen, was das heißt. Wir kennen Ängste um diese Welt, dass sie durch menschliche Unachtsamkeit und durch egoistische Ausbeutung wieder zurück fallen könnte in dieses Nichts. Filme wie "The Day After Tomorrow" von Roland Emmerich, der von einer drohenden Eiszeit erzählt, sind transparent für die beängstigenden Ahnungen der Menschheit, dass das Fortbestehen der Schöpfung nichts Selbstverständliches, sondern immer etwas Gefährdetes und somit ein tägliches Wunder vor unseren Augen ist. Wir wissen um das Chaos der Politik, um die Notwendigkeit und Schwierigkeit zu Reformen hindurch zu dringen, die alle tragen könnten und wollten, Reformen, die steckenbleiben in einem Dschungel von Einzelinteressen.

Wer soll die Schulden bezahlen, die die jetzigen Generationen den zukünftigen auflasten?

Wir wissen auch um das Chaos unserer Gefühle und Ängste, die uns Menschen so ganz unterschiedlich plagen:

- Angst vor Terror (seit Würzburg, Ansbach und München uns ganz nahe gekommen)
- unsichere politische Zustände (Türkei, Erdo?an; USA, Trump …; politische Situation in Deutschland; "postfaktisches Zeitalter" …)

"Post-truth" ist internationales Wort des Jahres:
Das Adjektiv "post-faktisch" - im englischen Original: "post-truth" - ist von der Redaktion der Oxford-Wörterbücher zum internationalen Wort des Jahres erklärt worden. Das Wort wird definiert als Beschreibung eines Zustandes, in dem Emotionen und persönliche Voreingenommenheit wichtiger für die Bildung der öffentlichen Meinung sind als belegbare Fakten.
"Post-truth" könne zu einem der prägenden Begriffe unserer Zeit werden, so Oxford Dictionaries. Hintergrund des steigenden Aufkommens des Begriffs seien der US-Präsidentschaftswahlkampf und die Kampagne für einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU.

- Krankheit, Schmerz, Leid und Tod im persönlichen Umfeld
- persönliche Krisen
- …

Wir wissen, was uns zu zerbrechlichen Gefäßen macht. Irdene Gefäße sind wir, wie es Paulus im 7. Vers auch schreibt. Rissig und brüchig. Und gerade als solche sucht Gott uns auf.

Wo am vergangenen Freitag, am St. Martinstag, die Kinder mit ihren Laternen unterwegs waren, hat ihnen und den erwachsenen Mitläufern das Licht der Kerzen durch die Ritzen hindurch den Weg gewiesen. Ein Gefäß schützt das Licht vor dem Wind, und zugleich geben die Löcher in der Fassade jenes Licht frei, das Orientierung gibt und zum Singen und Loben und Teilen ermutigt. Ein Gefäß mit Rissen zu sein, das macht auch in gutem Sinne durchlässig.

Genau so ist der Mensch, sagt Paulus. Seine Fehler, seine Risse werden gebraucht, sie machen ihn durchlässig für Gefühle und transparent für das Licht Gottes, das in ihm und durch ihn hindurch scheint.

In der Bibel ist es am Anfang der Schöpfung Gott, der das Licht in die Welt ruft, der das Chaos ordnet und dem Menschen, den Tieren und den Pflanzen Lebensraum und Zukunft gibt.

In der Mitte der Zeit ist Jesus Christus das Licht der Welt, das Klarheit in unsere Herzen bringen will, das Menschen in ihrer Anfechtung und Zerbrechlichkeit zum Leuchten bringen will. Eine neue Schöpfung beginnt, die uns zu neuen Menschen macht.

So erklärt Paulus den Korinthern, was in Christus an uns geschehen ist. Sehr vollmundig beschreibt er in den folgenden Versen, was das konkret heißt:

"Auch wenn wir von allen Seiten bedrängt sind, wir ängstigen uns nicht. Auch wenn uns bange ist, wir verzagen nicht. Auch wenn wir Verfolgung leiden, wir werden nicht verlassen. Auch wenn wir unterdrückt werden, wir kommen nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde."

Ob wir wie Paulus getragen von solcher Zuversicht unser Leben gestalten können?

Nach zwei Seiten hin müsste dies geschehen.

Nach innen zunächst, dass unser Glaube uns nun auch trägt, dass wir uns vom Licht der Liebe Gottes ordnen lassen.

Von Martin Luther wird erzählt, er habe sich in Zeiten der Anfechtung immer wieder auf den Satz berufen: "Ich bin getauft" und sich damit vergewissert, dass er zu Jesus Christus gehört. Im Bild des 2. Korintherbriefes heißt das: In mir leuchtet das Licht der Liebe Gottes. So wie ich bin, mit meinen Rissen und Brüchen braucht Gott mich.

Und wenn ich von allen Seiten bedrängt bin, ich ängstige mich nicht. Das ist die Zuversicht, die uns im Inneren stärkt.

Und nach außen sind wir berufen, Zeugen des Lichtes zu sein,
dass wir uns nicht verschließen, sondern öffnen,
dass wir uns von Gott auch brauchen lassen,
dass unser Glaube Verantwortung in dieser Welt übernimmt und sich bekennt.

"Dein Glaube verändert die Welt." Dazu ermutigt im Untertitel das Plakat vom heutigen "Leben live"-Gottesdienst. Der Glaube der Zerbrechlichen ist gemeint. Es beginnt zuerst in uns selbst, dass wir das Licht des auferstandenen Jesus Christus in uns wahrnehmen, seine Wärme spüren und gegen die Angst leuchten lassen. Das Chaos weicht, wie am ersten Schöpfungstag. Es wird hell in uns und aus uns heraus. Es scheint auf den Weg und dient längst nicht mehr nur uns selbst, sondern auch anderen zur Orientierung. Wir sind nicht allein. Soviel Brüchigkeit, Zerbrechlichkeit und so viel Licht sind mit uns unterwegs!

Christen können auch und gerade in ihrer Schwachheit und Zerbrechlichkeit eine Orientierungshilfe, eine Ermutigung und Hoffnung sein.
"Der erste macht das Licht an …"

Wir dürfen zuversichtlich sein, dass das längst für uns geschehen ist und in uns selbst.

Es gilt, dieses Licht zu bezeugen, es für die Welt zum Leuchten zu bringen und mit diesem Licht Leben zu gestalten: für uns und für das Gemeinwesen, dem wir verantwortlich sind, in den Familien, Häusern, Gemeinden, in Schule und Beruf. Wir werden gebraucht.

Mischt euch ein mit diesem Licht im Herzen, "lasst euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen" (Matthäus 5,16b).

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!