83. "Leben live"-Gottesdienst, 11. Juni 2016
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
Alle Rechte vorbehalten.
Ein Nachdruck des revidierten Textes der Lutherbibel sowie jede andere Verwertung
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der Genehmigung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.


Themenpredigt: "… hinaus ins Weite"

Es gilt das gesprochene Wort!


"Ich will hier raus!" heißt das Bild, das Keith Haring (1958-1990) gemalt hat. Er selbst begann seine Karriere mit Bildern in der New Yorker Untergrundbahn. Immer wieder hat er in seine Bilder einließen lassen, was ihn bewegt: Die Frage nach dem Menschen in seiner Umgebung, in der Gesellschaft, in den Medien.

"Ich will hier raus" bringt diese Frage zum Ausdruck.

Ein Mensch stemmt sich verzweifelt heraus aus vielen anderen Hüllen, die ihn umgeben. Den Strichen rund um den Körper nach scheint er viel Kraft und Energie aufzuwenden, um sich zu befreien, herauszuschälen aus allem, was ihn umgibt und einengt.

Was könnte ihn so einengen? Was engt dich (und mich) ein?

Eng wird es dann,
… wenn andere Menschen über uns bestimmen,
… wenn wir nur tun dürfen oder tun müssen, was andere uns vorschreiben.

Eng wird es dann,
… wenn wir Ziele erreichen müssen, die uns andere gesetzt haben und die wir vielleicht gar nicht schaffen können.

Eng wird es dann, wenn es Streit gibt und keiner dem anderen Raum lässt.

Eng wird es dann, wenn ich das Gefühl habe zu versagen und nicht das zu schaffen, was ich mir vorgenommen habe.

Dann sehne ich mich nach Freiheit und Weite!

Dann sehne ich mich danach,
… wieder frei atmen zu können,
… nichts mehr zu müssen,
… frei entscheiden zu können,… Zeit zu haben für mich und für andere,
… für meine Hobbys,
… vielleicht auch einfach mal fürs Nichtstun …

"… hinaus ins Weite" - diese Worte stammen aus dem 18. Psalm. Es ist einer der Psalmen, bei denen in der sog. Psalmüberschrift die Situation angegeben ist, in der der Psalm entstanden ist.

Der Begriff "Psalmüberschrift" ist zweideutig.

Gemeint ist damit nicht die fettgedruckte Überschrift, solche, wie wir sie in der ganzen Bibel finden. Da hat jeder Psalm einen Titel, der nicht im Urtext steht und vom Übersetzer und Herausgeber hinzugefügt ist. Das gilt übrigens für alle Abschnittsüberschriften in der Bibel. Deshalb unterscheiden sich diese Über-schriften auch in jeder Bibel. Psalm 18 hat in der Lutherbibel den Titel "Dank des Königs für Rettung und Sieg", in der BasisBibel "Mein Fels und mein Retter", in der Gute Nachricht-Bibel "Dank für Gottes Hilfe", in der Zürcher Bibel "Große Hilfe schenkt er seinem König", und in der Hoffnung für alle "Was für ein Gott!" Alle diese Titel gehören also nicht zum eigentlichen Psalmtext.

Was man bibelkundlich "Psalmüberschrift" nennt, gehört dagegen zum Psalmtext. In manchen Bibeln (wie zum Beispiel in der Lutherbibel) erkennt man diese Psalmüberschrift daran, dass sie in lauter Großbuchstaben gesetzt ist (Majuskelschrift).

Viele Psalmen sind ja in einer bestimmten Lebenssituation zum ersten Mal gebetet oder gesungen (?) worden, und wir haben sie nur deshalb im Psalter, weil sie auch schriftlich festgehalten wurden.

Die Situation, in der Psalm 18 entstanden ist, ist folgende: "VON DAVID, DEM KNECHT DES HERRN, DER ZUM HERRN DIE WORTE DIESES LIEDES REDETE, ALS IHN DER HERR ERRETTET HATTE VON DER HAND ALLER SEINER FEINDE UND VON DER HAND SAULS; VORZUSINGEN."

Der 18. Psalm ist ein ganz besonderer Psalm. In keinem Psalm kommt der Glaube an Gott so deutlich als Beziehung zum Ausdruck, ja mehr noch als Liebesbeziehung! Das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten: Glauben hat nicht in erster Linie mit dem Kopf zu tun, sondern mit dem Herzen. Glaube ist keine Verstandesleistung, sondern eine Herzenshaltung. Glaube ist keine Geschäftsbeziehung, sondern eine Liebesbeziehung.

David fällt nicht mit der Tür ins Haus. Bevor er vor Gott seine Not ausbreitet, erklärt er IHM zuerst seine Liebe. Eine solche innige Liebeserklärung wie in Psalm 18 findet sich sonst nirgends in der Bibel: "Herzlich lieb habe ich dich, Herr, meine Stärke! Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter; mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Berg meines Heiles und mein Schutz!" "Mein", "mein", und nochmals "mein" … Es ist sein Gott, an den David sich wendet.

David schildert seine Not:

Fesseln des Todes umfingen ihn. Fluten des Verderbens erschreckten ihn.
Bande der Verzweiflung umstrickten ihn.
Schlingen der Hoffnungslosigkeit überfielen ihn.

Starke Bilder werden hier gebraucht und wir fragen uns, was dahinter steckt. Tod, Verderben, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit - kann es noch schlimmer kommen?

Was sind meine Fesseln, Banden oder Schlingen, die mich nach unten ziehen?
Welche Fluten überschwemmen oder erschrecken mich?

Es mag nicht immer so dramatisch sein, wie es im Psalm geschildert wird. Aber kennen wir nicht die Fesseln von Krankheit und Not, die Banden des Zweifels, der Hoffnungslosigkeit, die Fluten der Angst, die kleinen und großen Nöte des Alltags, die uns gefangen halten oder manchmal auch überfluten?

Doch David gibt nicht auf. Er ruft und schreit zu Gott.

Und Gott hört ihn.

Gott greift ein, zieht ihn heraus. Es heißt im Psalm, er zieht ihn aus der Angst. Er entreißt der Bedrohung von innen und außen und gibt neuen Mut. Das ist die Erfahrung des Psalmbeters: Gott hört auf uns Menschen. Er greift zu und reißt uns heraus aus Not und Bedrängnis, aus Angst und Hoffnungslosigkeit. Ist das nicht auch eine Erfahrung, die wir aus unserem Leben kennen? Aus den verschiedensten Lebenssituationen?

Und dann eröffnen sich ganz andere Perspektiven:

- Er führte mich hinaus ins Weite (V. 20).
- Mein Gott macht meine Finsternis licht (V. 29b).
- Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen (V. 30b).
- Er hat Lust zu mir (V. 20b). Ist das für dich vorstellbar, dass Gott Lust an dir hat? Dass er Lust auf dich hat? Sich über dich freut? Dass Gott Lust zu David hat, das ist das Gegenstück zur Liebe Davids zu seinem Gott.
- Er führt mich auf neue, unbegangene Wege.

Diese Liste des Eingreifen Gottes auf ganz unterschiedliche Weise lässt sich anhand der Psalmenverse fortsetzen. Jeden einzelnen Vers können wir betrachten, in unser Leben hineinholen und mit konkreten Situationen füllen. Und nicht nur das: Mit Zuversicht kann dieser Psalm mit seinen Aussagen uns in die Zukunft führen.

Neue Wege gehen heißt auch mit Behinderungen rechnen.

Da stellen sich uns Berge in den Weg.
Die Zweifel melden sich.
Und wir wollen schon wieder aufgeben, bevor es überhaupt begonnen hat.

Jesus ist unser Beistand - er steht uns bei.
Auch und besonders in schwierigem Gelände.
Und auf Seine Hilfe sind wir angewiesen.
Die sollten wir nun auch nutzen.

So bleiben wir in Verbindung mit IHM und bitten um Rat und Hilfe, während wir gehen.

Gottes Wort wird sich nicht automatisch - ohne deine Bereitschaft zur Aktivität - erfüllen.

Glauben heißt Handeln!
Also, lass dich ermutigen.
Eine Reise von 1.000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.

Wenn uns der Herr in den Dienst ruft, dann gilt es, offene Türen zu erkennen und durch die geöffneten Türen zu gehen.

Behinderungen
Mach die Lebens-Handbremse los.
Behindere dich nicht mehr länger selbst!
Geh voran!

Wo sind unsere Behinderungen?

Kennen wir Gottes Aussagen über uns?


Gott sagt zu Gideon: "Du starker Held!" (Richter 6,12 ). Aber Gideon war das gar nicht! Er war ein Feigling und hatte Angst vor den Midianitern.
Hatte Gott gelogen? - Nein, er hat sein Potenzial gesehen!

Kennst du dein Potenzial?
Kennst du deine Stärken?

Das sollst du wissen, Gott ist dein Ermutiger!
Sein Wort ermutigt dich!
Seine Gedanken über dich ermutigen dich!
Sein Plan mit dir ermutigt dich!

Welche Behinderungen gibt es:

- keine Zeit
- kein Geld
- keinen Mut
- kein Ziel (Vision)
- keinen Glauben
- keine Kraft
- keine Ausbildung

Behinderungen müssen keine Verhinderungen sein.

Sieh auf deine geistlichen Ziele:

Wegschauen
- von den Umständen (Elia am vertrockneten Bach Krit)- von den natürlichen Möglichkeiten (Josef im Gefängnis - der Mundschenk hatte ihn vergessen )

Umstände wollen unsere neuen Wege verhindern.
Deshalb müssen wir die Position, aus der wir schauen, verändern.

Hinschauen
- auf die Wunder Gottes in deinem Leben
- zu den übernatürlichen Möglichkeiten Gottes (Speisung der 5000 durch 5 Brote und 2 Fische).

Gott ist kein Gott der Enge. Er ist nicht kleinkariert. Er will dich ins Weite führen. Denn er hat Lust auf dich.

Lässt du es zu?

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!