81. "Leben live"-Gottesdienst, 30. Januar 2016
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
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Themenpredigt: "Gutes neues Ja!"

Es gilt das gesprochene Wort!



( Ja zu Neuem )

[ Filmausschnitt aus "Babys" von Thomas Balmès, 2009]


Gutes neues Ja! - Wir verdanken unser Leben einem Ja.

Dem Ja, das meine Eltern zueinander gesagt haben, dem Willen und der Bereitschaft, aus einem Ehepaar zu einem Elternpaar, zu Vater und Mutter, zu werden. Es gibt ja Menschen, die von ihren Eltern nicht gewollt waren ("Verhütungspanne"); manchmal bleibt dieses Gefühl von Ablehnung ein ganzes Leben lang bestehen. Aber dann darf ich wissen: Ich bin ich dennoch gewollt - wenn nicht von meinen Eltern, dann doch von Gott, meinem Schöpfer! Ich bin "kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur", sondern "ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu" (Jürgen Werth).

Gutes neues Ja! - Gott sagt Ja zu mir. Von allem Anfang an, schon lange bevor ich denken kann. Von Ewigkeit her hat er mich geliebt (Jeremia 31,3). Er hat mich gekannt, noch bevor ich von meinen Eltern gezeugt und empfangen wurde. David bekennt es voller Staunen: "Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. Es war dir mein Gebein nicht verborgen, / als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war. Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihre Summe so groß! Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand: Am Ende bin ich noch immer bei dir" (Psalm 139,13-18).

Gutes neues Ja! - Ich verdanke nicht nur mein persönliches Leben, mein Dasein einem Ja, dem Ja Gottes, sondern die ganze Welt - die sichtbare und die unsichtbare (!) Welt - verdankt sich dem Ja eines großartigen und wunderbaren Schöpfers.

Am 16. Februar findet in Weißenburg ein ganz besonderer Vortrag statt, für den ich an dieser Stelle gerne Werbung mache, ein "Streifzug vom Inneren der Atome bis an die Grenzen des Universums" Referent ist der Karlsruher Physiker, Prof. Dr. rer. nat. Thomas Schimmel (geb. 1960). Schimmel forscht und lehrt an der Universität Karlsruhe und am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Er ist Initiator und zugleich Sprecher des Forschungsnetzwerks "Funktionelle Nanostrukturen" und Mitbegründer des Instituts für Nanotechnologie. Für seine Forschungsergebnisse wurde er wiederholt mit Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Philip-Morris-Forschungspreis für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Nanotechnologie. Die Wunder der Natur - von kleinsten Welten im Inneren der Atome bis hin zu den Weiten des Universums - bringen zum Staunen. Es stellt sich die Frage nach dem "Woher". Die Ordnung in der Schöpfung lässt das Wirken eines Schöpfers erahnen. So müssen Glaube und Naturwissenschaft keine Gegensätze sein.

Wie anders reden Wissenschaftler, die nicht an einen Schöpfer glauben! Der Mensch sei ein "Zigeuner am Rande des Alls", sagt etwa der Nobel-Preisträger Jacques Monod (1910-1976). Zufällig sei der Mensch aufgetaucht, ohne Plan und Sinn sei er entstanden und "in ein gleichgültiges und stummes Universum" geworfen worden. Nun sei er allein und verlassen - irgendwo mittendrin oder am Rand eines herrenlosen, kalten Weltalls.

Zwischen diesen beiden Auffassungen liegen Welten. Beides kann nicht wahr sein. Entweder wir sind wirklich nur "Zufallsprodukte", wie Monod meint. Oder wir sind von einem Schöpfer planvoll und mit Absicht in diese Welt gestellt, dessen Ja unser Leben trägt.

Gutes neues Ja! Dass Gottes Ja über unserem Leben steht, dass Gottes Ja diese Welt ins Dasein rief und Gottes Ja diese Welt bis zum heutigen Tag erhält, dass dieses Ja unverbrüchlich ist, unwiderruflich und vorbehaltlos, das gibt meinem Leben Halt. Ich treibe nicht planlos und ziellos im Universum herum, sondern Gottes Ja gilt mir. Mir ganz persönlich. Und dir ganz genauso.

Der christliche Liedermacher Danny Plett bringt es einmal in einem Lied so zum Ausdruck (deutsch von Christoph Zehendner):

Du sagst ja,
aus Liebe sagst du vorbehaltlos ja,
ja zu mir,
du kennst mich, dennoch sagst du ja.

Sagst ja, und weißt doch von meinen Schwächen.
Ja, trotz allem gilt dein Versprechen,
dein Ja steht felsenfest an jedem Tag.
Ich lebe von dem
Ja, das nicht an Leistung denkt,
vom Ja, das mir Vertrauen schenkt.
Ich staune: ich hab es nicht verdient, dein Ja.

Ich sage ja,
ich danke dir und antworte mit ja,
ja zu dir, ich wage es, denn du sagst ja.

Dieses Ja Gottes gibt meinem Leben Sinn und Ziel.

Und es befähigt mich, selber Ja zu sagen.

Ja zum Beispiel zu einem neuen Jahr (!), das zwar schon einen Monat "alt" ist, aber das ja noch so viele Überraschungen - positive wie negative - mit sich bringen mag. Wenn ich um Gottes Ja für mein Leben weiß, dann bin ich getragen und geborgen - egal, was das Jahr noch bringen mag.


( Ja zu Vertrautem )

Gutes neues Ja! - Gottes Ja zu mir befähigt mich, dass auch ich Ja zu mir sagen kann. Ja auch zu Vertrautem, zu dem, was "immer schon" so war, wie es ist.

Ich kann zum Beispiel bewusst Ja sagen zu meinem eigenen Geschlecht. Die sog. Gender-Ideologie stellt die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen grundsätzlich in Frage. Wenn etwa bei Facebook unter zig "Geschlechtern" ausgewählt werden kann, kann ich selber ganz ruhig und gelassen bleiben. Ich weiß um Gottes Ja zum Menschen. Und ich weiß darum, dass der Schöpfer den Menschen nicht "neutral", gewissermaßen als unbeschriebenes Blatt geschaffen hat, sondern "als Mann und Frau" (wörtlich "männlich und weiblich"; 1. Mose 1,26) geschaffen hat. Das ist grundlegend für die Schöpfung. Und auch wenn in der Gesellschaft die Verwirrung zunimmt, kann ich als Mann dankbar Ja dazu sagen, dass ich ein Mann bin. Und wer eine Frau ist, kann dankbar Ja dazu sagen, eine Frau zu sein.

Gottes Ja zu mir befähigt mich, dass auch ich Ja sagen kann. Ja zum Beispiel zu meinem Beruf, zu meinem "Stand", zu meinen Gaben, Talenten und Grenzen.

Gottes Ja zu mir befähigt mich, dass auch ich Ja sagen kann, Ja auch zu Vertrautem. Es muss nicht immer alles neu und anders sein. Durchaus kritisch beschreibt Lukas, der Autor der Apostelgeschichte, das Verhalten der Athener, bei denen Paulus auf ihrem Marktplatz, dem Areopag, predigte: "Alle Athener nämlich, auch die Fremden, die bei ihnen wohnten, hatten nichts anderes im Sinn, als etwas Neues zu sagen oder zu hören" (Apostelgeschichte 17,21). Nicht umsonst wurden in der Kirchengeschichte Irrlehren oft mit dem Wort neoterismós bezeichnet, "Neuerung". Wenn wir nämlich Neues außerhalb von Gottes Wort suchen und Gottes Wort als veraltet und überholt betrachten, dann bewegen wir uns unweigerlich von Gott weg, entfernen uns immer mehr von ihm und seinem guten Willen für unser Leben.

Gutes neues Ja!? - Gibt es denn auch ein "schlechtes neues Ja"?

Nun, das Wort "neu" kann in der Bibel durchaus einen unterschiedlichen Klang haben.

Uns sind gewiss die Bibelworte am meisten vertraut, in denen das Wort "neu" etwas Positives bedeutet. Immer dann wenn Gott Neues hervorbringt, Neues ans Licht treten lässt:

"Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht?" (Jesaja 43,19).

"Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen … Das soll der Bund sein …: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: ‚Erkenne den Herrn', sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der Herr; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken" (aus Jeremia 31,31-34). Wenn wir heute das Heilige Abendmahl miteinander feiern, dann feiern wir das Mahl des neuen Bundes, den Jesus durch seinen Tod am Kreuz geschlossen hat, wo er als Lamm Gottes die Sünde der Welt auf sich genommen hat.

"Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben" (Hesekiel 36,26).

Auch wenn Gott uns dazu aufruft, zu ihm umzukehren, einen neuen Anfang zu wagen:

"Pflüget ein Neues, solange es Zeit ist, den Herrn zu suchen" (Hosea 10,12).

In diesen Zusammenhang gehört auch das " neue Lied", das wir dem Herrn singen sollen (Psalm 98,1), die "neue Kreatur", die wir in Christus sind (2. Korinther 5,17), die Ankündigung des erhöhten Herrn: "Siehe, ich mache alles neu!" (Offenbarung 21,5).

Das alles ist Gottes gutes neues Ja, das er - immer wieder - zu uns spricht und auf das hin er unser immer wieder neues Ja erwartet.

Gutes neues Ja! - Auch wenn die Stellen, in denen das Wort "neu" positiv verwendet wird, bei weitem den größten Raum in der Heiligen Schrift einnehmen, so kann das Wort doch auch etwas Negatives bedeutet.

Dann nämlich, wenn das "Neue" darin besteht, das Anvertraute und Vertraute aufs Spiel zu setzen, es leichtfertig aufzugeben.

Dann warnt uns Gottes Wort davor und fordert uns auf: "Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!" (Offenbarung 3,11). Paulus ermahnt seinen Schüler und Mitarbeiter Timotheus: "Halte dich an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus. Dieses kostbare Gut, das dir anvertraut ist, bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt" (2. Timotheus 1,13-14). Darum: "Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheißen hat …" (Hebräer 10,23). Insbesondere sollen wir nicht entgegen Gottes Wort "Neues" suchen, sondern an der Heiligen Schrift festhalten: "Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir anvertraut ist; du weißt ja, von wem du gelernt hast und dass du von Kind auf die Heilige Schrift kennst, die dich unterweisen kann zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus" (2. Timotheus 3,14-15).

Gutes neues Ja! - Wenn ich dir heute Abend ein "gutes neues Ja" wünsche, dann kann das nur bedeuten: Sage Ja zu dem, von dem und zu dem Gott auch Ja sagt. Ob es etwas Neues ist oder etwas Vertrautes.

Dazu noch eine Geschichte.

[ "Eingespannt" ]

Eine Gitarrensaite liegt neben der Gitarre und freut sich über ihre Freiheit. "Ich lasse mich nicht einspannen, ich will frei sein und entspannt. Ich werde mich nicht auf diese alte Gitarre spannen lassen, womöglich noch neben die brummige Basssaite rechts und die eintönige d-Saite links. Nein, ich will mein Leben genießen und mich entfalten. Ich kann mich lustig zusammenrollen und in der Sonne ausruhen." Aber mit der Zeit wurde es der Saite langweilig und öde. Immer so sinnlos daliegen. Die Saite wurde in ihrer Freiheit immer einsamer und nutzloser. Unbeachtet und wenig sinnvoll kam sich die Saite vor. Doch der Gitarrenspieler, der sein Instrument sehr liebte, schaute auf die Saite und erkannte die heimliche Sehnsucht. Er spürte, wie die Saite unter ihrer Bedeutungslosigkeit litt. Da sprach er ihr gut zu: "Wenn du wüsstest, was für herrliche Musik in dir steckt!" Ganz behutsam spannte er sie ein, immer ein wenig mehr, bis sie ihre Tonlage gefunden hatte. Dann begann er zu spielen, und wunderbar klang die Musik in schöner Harmonie mit all den anderen Saiten.


Gott möchte unser Leben zum Klingen bringen. Er möchte uns in sein Handeln "einspannen". Nicht, um uns die Freiheit zu nehmen. Nein, Gott möchte uns die tiefste Bestimmung schenken. Von seiner Liebe angerührt, mit anderen und für andere zu erklingen.

So kann auch aus dem, was wir oft geringschätzig "banal" nennen, aus dem Vertrauten, selbst aus dem Alt-Vertrauten, etwas ganz Neues zum Klingen kommen. - Gutes neues Ja!

Lerne immer wieder neu zu unterscheiden zwischen dem, was geändert werden soll und muss, und dem, was so bleiben kann und soll, wie es ist.

So wie es in dem bekannten Gebetswunsch heißt, der wohl von dem amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr (1892-1971) stammt: "Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann; den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann; und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden" (EG, nach Nr. 667).

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!