76. "Leben live"-Gottesdienst, 14. März 2015
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
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Themenpredigt: ""… dem Müll eine Abfuhr erteilen"

Es gilt das gesprochene Wort!



"… dem Müll eine Abfuhr erteilen" - das ist ein geniales Wortspiel des genialen "Wortakrobatikers" Heinz Erhardt (1909-1979). Es funktioniert deshalb so gut, weil es sich um zwei Bedeutungen, aber unterschiedliche Verwendungen ein und desselben Wortes handelt.

Die "Müllabfuhr" hat ja ihre Bezeichnung daher, dass der Müll "abgefahren", das heißt weggefahren, weggebracht wird. Es ist das Gegenteil von "Anfuhr", einem Wort, das im Transportwesen durchaus gebräuchlich ist - zumindest war, bis man das Wort "Transport" bevorzugte; so kann man von "Holzanfuhr" und "Holzabfuhr" sprechen: einerseits das Herbeischaffen und andererseits das Fortschaffen von Gütern … Es geht auf jeden Fall um Dinge!

Anders bei der Wendung "eine Abfuhr erteilen". Da geht es um Personen! "Jemandem eine Abfuhr erteilen" bedeutet: jemanden derb abweisen oder zurechtweisen.

Erhardt vermischt nun bewusst die auf Sachen bezogene Verwendung "Abfuhr von Müll" mit der auf Personen bezogenen "jemandem eine Abfuhr erteilen".

Aber das ist nicht einfach nur lustig, sondern damit bekommt die Formulierung zugleich eine hintergründige Bedeutung, nämlich: "den Müll abweisen", "den Müll nicht haben wollen".

Und dann hat das Wort Abfuhr ja noch eine dritte Bedeutung, etwa in dem Satz: "Die Elf von Trainer XY holte sich bei ihrem letzten Spiel eine schwere Abfuhr." Gemeint ist hier natürlich: eine Niederlage. Und auch in diesem Sinn können wir Erhardts Wortspiel deuten: "dem Müll eine Niederlage zufügen", also im Sinne von: den Müll nicht Sieger sein lassen, sondern ihn in Schranken weisen.

Gut, dass es die Müllabfuhr gibt! Schon früh am Morgen ist sie unterwegs. Ein beruhigendes Gefühl, dass ihr Dienst regelmäßig klappt. In unserer Gesellschaft ist das ein sehr gut organisierter und differenzierter Prozess. Der Müll wird nicht mehr einfach unsortiert in die Tonne geworfen, wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Heute wird im Hause vorsortiert. Es muss gesichtet und beurteilt werden; was ist was und wo gehört es hin?

Aussortieren ist regelmäßig nötig. Entsorgung. Was für mich nicht mehr brauchbar ist muss irgendwohin - Entsorgung: durch die grüne Tonne fürs Altpapier, die braune Tonne für den Biomüll, den gelben Sack für Verpackungsmüll und die schwarze Tonne für den Restmüll. Entsorgen: irgendwo hin schaffen, wo es keine Sorgen mehr macht. Dem Müll wird ein Platz angewiesen, an dem er umgewandelt (recycelt) oder weiterverarbeitet oder vernichtet werden kann.

Was sagt uns dazu eigentlich Gottes Wort? Gibt es in der Bibel das Wort "Müllabfuhr"? Nein. Auch das Wort "Müll" kommt so nicht in der Bibel vor. Wenn man darüber nachdenkt, wundert das allerdings nicht, denn das Wort "Müll ", das lange Zeit nur im Norddeutschen üblich war, wurde erst im 18. Jahrhundert in die hochdeutsche Schriftsprache aufgenommen.

Die Sache aber kommt natürlich in der Bibel vor! Etwa mit dem Wort "Schmutz". Der Prophet Jeremia sollte dem Volk Israel im Namen Gottes ausrichten: "Und wenn du dich auch mit Lauge wüschest und nähmest viel Seife dazu, so bleibt doch der Schmutz deiner Schuld vor mir, spricht Gott der Herr" (Jeremia 2,22). Schmutz also im Sinne von Sünde, von Schuld. Die kann ich vor Gott bekennen und mit König David beten: "Wasche mich rein von meiner Missetat, und reinige mich von meiner Sünde …" (Psalm 51,4). Das einzige Reinigungsmittel, das dagegen hilft, verrät uns der Apostel Johannes: "Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde" (1. Johannes 1,7).

Freilich ist die Sünde nur ein Aspekt dessen, was wir Müll nennen könne. Wir können nämlich das, was das Wort "Müll" bedeutet, viel weiter fassen.

Wir wollen "eine Abfuhr" erteilen und entsorgen …

… die Fülle, die uns zur Last wird - in den Schränken hängt alles voller Kleidung, in Kühlschrank und Keller horten wir Lebensmittel auf Vorrat und verlieren darüber den Überblick.

Wir wollen uns trennen von diesem Egoismus und Habgier.

Wir wollen entsorgen …

… die "Zeit-Räuber" - jeden Tag strömen Informationen auf uns ein. Viel Zeit verbringen wir vor Bildschirmen - großen und kleinen, wir konsumieren und lassen uns täuschen.

Wir wollen unsere Zeit wieder bewusster einteilen und leben.

Wir wollen entsorgen …

… die Lieblosigkeit mit der wir unserem Nächsten oft begegnen. Unlust, Überforderung, die Ansprüche der Arbeit und der Familie an uns machen uns zu schaffen und wir verlieren den guten Umgang zu einander.

Wir wollen entsorgen …

… das "Zu-viel-Sorgen" um unseren Besitz und Geld. Wir leben in Wohlstand und Frieden und sind wenig dankbar dafür.

Warum das Ganze? Damit es nicht "mieft" und irgendwann "zum Himmel stinkt".

Wie lange das Ganze? Ein Müllwerker sagte es so: "Wir fahren so lange, wie es nötig ist." Nötig ist es sicher immer wieder, und mit einer einmaligen Aktion ist es nicht getan. Daran erinnert uns schon der Apostel Jakobus.

Am Anfang seines Briefes, den er "an die zwölf Stämme in der Zerstreuung geschrieben hat (1,1), spricht Jakobus davon, was die Voraussetzung dafür ist, Gottes Wort recht aufzunehmen und nicht nur Hörer des Wortes, sondern Täter zu sein.

In diesem Zusammenhang stellt Jakobus fest: "… der Zorn des Menschen bewirkt nicht, was vor Gott recht ist" (Jakobus 1,20 NGÜ). Und dann fordert Jakobus seine Hörer auf: "Deshalb legt alles ab, was euch beschmutzt, alles Böse, was noch bei euch vorhanden ist, und geht bereitwillig auf die Botschaft ein, die euch ins Herz gepflanzt wurde und die die Kraft hat, euch zu retten" (Jakobus 1,21 NGÜ).

Und so ist es wichtig, sich selber immer wieder zu fragen:

Was kann so bleiben, wie es ist?

Und was ist Müll?

Was muss in einen anderen Zustand umgewandelt werden?

Was muss unwiderruflich weg und raus?

Was ist nicht in Ordnung mit mir, mit meinen Beziehungen, auch im Verhältnis zu mir selber und zu Gott und meinem Glauben?

Ich kann dem "Müll" eine Abfuhr erteilen. Und Jesus will mir dabei helfen!

Und dann kann ich die "Leerstelle" in meinem Leben, in der vorher der Müll war, wieder mit Gutem, Heilsamem, Wertvollem füllen … Denn mit Abfuhr allein ist es nicht getan.

So wie das vorhin auf dem Altar zu sehen war. Da war der ganze Altar zugebaut mit "Müll", sodass das Wichtigste - das Kreuz nämlich - und auch der Wichtigste - Jesus nämlich, der am Kreuz für uns gestorben ist - so verdeckt war, dass man sie beinahe nicht mehr sehen konnte.

Und nun bestücken und füllen wir den Altar wieder neu - mit dem, was darauf gehört, mit dem, wozu ein Altar da ist. Er ist dazu da, dem Kreuz, dem Wort Gottes, vor allem aber dem Leib und Blut Jesu Christi einen Ort in der Kirche zu geben. Das soll nun wieder seinen Platz bekommen.

So soll es auch in unserem Leben sein: immer wieder dem Müll eine Abfuhr erteilen und dem Guten - Gottes Heiligem Geist, Jesus in unserem Herzen - Raum geben.

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!