75. "Leben live"-Gottesdienst, 31. Januar 2015
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
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Themenpredigt: "Frieden - mehr als ein Traum?"

Es gilt das gesprochene Wort!


1. Unfrieden und Krieg auf der Erde

Was so hoffnungsvoll begann, endet tragisch. Am Anfang Liebe, am Ende der Tod - der Tod im Krieg, grundlos, gewaltsam, grausam … Was in diesem Schattentheater exemplarisch an einzelnen Menschen gezeigt wurde, es geschieht hundertfach, tausendfach überall auf der Welt. Unfrieden ist leider nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Es stimmt, was wir gesungen haben: "Unfriede herrscht auf der Erde. Kriege und Streit bei den Völkern und Unterdrückung und Fesseln zwingen so viele zum Schweigen."

"Frieden - mehr als ein Traum?" Was ist Frieden?

1. Nicht jenes Warten, wenn die Waffen schweigen,
wenn sich noch Furcht mit Hass die Waage hält,
wenn sich Verlierer vor den Siegern beugen:
nicht der Friede dieser Welt.

2. Nicht jene Stille, die den Tod verkündet,
da, wo es früher einmal Leben gab,
wo man kein Wort und keine Tat mehr findet:
nicht die Stille überm Grab.

So der Liedermacher Manfred Siebald [1976].


2. Frieden - eine Sehnsucht in uns allen

Frieden ist der Wunsch, der tief in uns ist, in jedem von uns wohnt eine tiefe Sehnsucht nach Frieden. Aber ist Frieden mehr als ein Traum?

Unsere Friedenssehnsucht kommt nicht von ungefähr. Der lebendige Gott selbst hat sie in uns hineingelegt. Er ist ein "Gott des Friedens". Gleich siebenmal (!) kommt diese Bezeichnung Gottes im Neuen Testament vor (Röm 15,33; 16,20; 1.Kor 14,33; 2.Kor 13,11; Phil 4,9; 1.Thess 5,23; Hebr 13,20). In Gott ist vollkommener Frieden, vollkommene Harmonie; der dreieinige Gott - Vater, Sohn und Heiliger Geist - sind in vollkommener Liebe und vollkommenem Frieden untereinander verbunden.

So ist es kein Wunder, dass er das einzige Geschöpf, das er nach seinem Ebenbild erschaffen hat, - der Mensch - diesen Frieden widerspiegeln soll. Im gelebten Frieden bringt der Mensch zum Ausdruck, dass er von Gott geschaffen ist.


3. Was ist Frieden?

Dieser Frieden, der sich wie ein roter Faden durch die ganze Bibel zieht, kann allerdings nur von Gott kommen.

Das hebräische Wort schalom hängt mit dem Eigenschaftswort schalem zusammen, welches "unversehrt, vollständig, ganz" bedeutet. Schalom bezeichnet im Alten Testament Heil und Frieden. Schalom - das ist der ungestörte, geordnete, heile Zustand, das ist Harmonie, Wohlergehen, Glück, Sicherheit und Friede (vgl. Psalm 122,6ff). Unser deutsches Wort " Frieden" erfasst also nur einen Einzelaspekt des Heils der ungestörten Ordnung. Heute noch begrüßen sich die Juden mit "Schalom!" und wünschen sich damit "alles Gute".

Es ist kein Zufall, dass praktisch alle neutestamentlichen Briefe mit einem Friedensgruß beginnen. Nun war es zur Zeit des Neuen Testaments durchaus üblich, dass am Anfang eines jeden Briefes ein Gruß stand. Im Unterschied zu weltlichen Briefen wird dieser Frieden in den neutestamentlichen Briefen aber immer auf Gott bezogen: "Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!" (Römer 1,7; vgl. 1.Kor 1,3; 2.Kor 1,2; Gal 1,3; Eph 1,2; Phil 1,2; Kol 1,2; 1.Thess 1,1; 2.Thess 1,2; 1.Tim 1,2; 2.Tim 1,2; Tit 1,4; Phlm 3; 2.Joh 3; Offb 1,4).

Friede ist in der Bibel aber weit mehr als eine Grußformel. Er ist auch kein seelisches Gefühl. Er bezeichnet die Wirklichkeit: Alles kann gut werden, weil Gott uns gut ist!

Im Garten Eden, im Paradies herrschte diese Harmonie, dieser Zustand vollkommenen Friedens: vollkommener Friede zwischen Gott und dem Menschen, vollkommener Friede zwischen Mann und Frau, vollkommener Friede zwischen Mensch und Tier.


4. Warum kein Frieden mehr ist


Allerdings nur so lange, bis der Mensch die ihm von Gott gesetzte Grenze überschritt und die Sünde und damit Leid und Unfrieden in die Welt kamen. Damit wurde alles anders. Der Mensch wurde aus dem Paradies vertrieben. Und die Sünde breitete sich rasend schnell aus.

Sie wurde sichtbar im Misstrauen zwischen Gott und dem Menschen. Gott und Mensch sind nun nicht mehr im Frieden, in Harmonie, sondern im Unfrieden. Die Sünde ist wie ein großer Graben zwischen Gott und dem Menschen.
Und die Sünde wurde sichtbar bei den Menschen untereinander. Und es dauerte nicht lange, bis der erste Mord in der Menschheitsgeschichte geschah: Kain erschlug seinen Bruder Abel. Damit war der Keim gelegt für den Krieg, das vorsätzliche Töten von Menschen, durch das vermeintlich Konflikte gelöst werden sollten. Gewalt als Mittel zur Lösung zwischenmenschlicher Konflikte war nun nicht mehr tabu.

Von da an bedeutete Unfrieden nicht mehr nur einen Zustand verminderter oder fehlender Harmonie, sondern ganz konkret die Bedrohung des Lebens. Der Tod war nun nicht mehr nur "der Sünde Sold" (Römer 6,23), der das Leben nun natürlicherweise begrenzte, sondern er wurde eben immer wieder auch vorsätzlich herbeigeführt: Menschen töten Menschen, üben Gewalt, tun einander Schaden und Leid, verletzen sich körperlich oder seelisch. Von Frieden kann nun keine Rede mehr sein.

Die Folge wir ebenfalls in dem Lied beschrieben: "In jedem Menschen selbst herrschen Unrast und Unruh' ohn' Ende, selbst wenn wir ständig versuchen, Friede für alle zu schaffen."


5. Die Chance auf echten Frieden!

Auch wenn die Menschen immer wieder meinten, ohne Gott gut auszukommen und damit ohne den Gott des Friedens - er selbst hat sich damit nicht abgefunden.

Um die zerstörte Beziehung zwischen Gott und den Menschen wiederherzustellen, schickte Gott seinen Sohn Jesus in diese Welt, als Mensch zu uns Menschen. Schon in den Prophetien auf das Kommen des Messias ist immer wieder vom £ôlAH, vom Frieden die Rede: Der Messias, "der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist", "wird der Friede sein", so der Prophet Micha (5,1b.4), Jesaja kündigt ihn an als "Friede-Fürst" (9,5). Und Paulus schreibt im Epheserbrief: Der "Christus [= der Retter, der Messias] ist unser Friede" (2,14).

Und so kann der Engel auf dem Hirtenfeld vor Bethlehem verkündigen: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens" (Lukas 2,14). Frieden auf Erden gibt es also nicht, ohne dass wir Gott in der Höhe ehren!

Und mit dem ersten Kommen Jesu in unsere Welt, mit der Geburt des Gottessohnes wird die Tür zum Paradies wieder aufgemacht: "Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür. Gott sei Lob, Ehr und Preis" (EG 27,6).

3. Der tiefe Friede, den wir nicht verstehen,
der wie ein Strom in unser Leben fließt,
der Wunden heilen kann, die wir nicht sehen,
weil es Gottes Friede ist.

Frieden ist nun also nicht mehr unmöglich. Das Gegenteil ist der Fall: Frieden ist möglich! Allerdings ist Frieden exklusiv an eine Person geknüpft: an den Gottessohn, an Jesus, den Christus, den Messias, den Friede-Fürsten.

Wer zu ihm gehört, den erwartet auch in der Ewigkeit vollkommener Frieden, Frieden wie am Anfang im Paradies, im Garten Eden. Vollkommener Friede zwischen Gott und dem Menschen, vollkommener Friede zwischen Mann und Frau, vollkommener Friede zwischen Mensch und Tier.
Durch den Glauben an Jesus Christus bekommen wir also Frieden mit Gott. So kann der Apostel Paulus jubelnd bekennen: "Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus; durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen …" (Römer 5,1.2a).

Und wir können mit den Worten des alten Glorialiedes bekennen: "… nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende" (EG 179,1). Großer Friede! Tiefer Friede!


6. Frieden, der Kreise zieht

Frieden ist eine Frucht des Heiligen Geistes (Galater 5,22). Wo wir dem Heiligen Geist Raum geben in unserem Leben, da breitet sich Gottes Frieden aus.

Denn Friede mit Gott ist nicht einfach nur ein Seelenzustand, die Gewissheit meines Heils, gewiss sein zu dürfen, in Ewigkeit bei Gott zu sein, in den Himmel zu kommen. Das ist das Eine, aber noch lange nicht alles.

Denn dieser Friede mit Gott wirkt sich aus im alltäglichen Leben.

Frieden mit mir selbst: Wer mit Gott im Reinen ist, der kann auch mit sich selbst im Reinen sein, wer im Frieden mit Gott lebt, der kann auch im Frieden mit sich selber leben.

Frieden mit meinen Mitmenschen, im Miteinander von Mann und Frau, von Eltern und Kindern, im Umgang mit den Menschen, mit denen ich tagtäglich zu tun habe. Ihnen gegenüber soll ich immer nach Frieden streben. Jesus selber ermahnt uns: "Habt Frieden untereinander!" (Markus 9,50b). Für Streitsucht können wir uns also nicht auf Jesus berufen. Und ganz deutlich schreibt es uns auch der Verfasser des Hebräerbriefes ins Stammbuch: "Jagt dem Frieden nach mit jedermann!" (Hebräer 12,14). "Nachjagen", das ist schon etwas höchst Aktives, das kann mit mancher Anstrengung verbunden sein.

Grenzen findet dieser Frieden nur, wenn andere diesen Frieden bewusst nicht wollen, wenn sie mir feindlich gesinnt sind, sich feindselig mir gegenüber verhalten. Dann kann ich nur meinen eigenen kleinen bescheidenen Beitrag zum Frieden leisten und die Mahnung des Apostels Paulus beherzigen: "Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden." (Römer 12,18).


7. Fauler Friede

Vor einem Missverständnis müssen wir uns allerdings hüten. Mit allen Menschen im Frieden zu leben, heißt nicht, zu allem "Ja und Amen" zu sagen. Das wäre eine falsche Toleranz. Das ist das, was die Bibel einen falschen Frieden nennt, man könnte auch sagen: einen faulen Frieden: "Sie sagen ›Friede! Friede!‹, und ist doch nicht Friede" (Jeremia 8,11; vgl. Hesekiel 13,10.16).

Man tut hier gut daran, zwischen einer Personen- und Sachtoleranz zu unterscheiden.

Personentoleranz gilt uneingeschränkt und immer. Menschen haben wir immer zu lieben, unseren Nächsten sowieso, aber sogar unsere Feinde sollen wir lieben. Und lieben ist durchaus mehr als respektieren oder ertragen!

In der Sache aber dürfen wir uns nicht x-beliebig eins machen, gleich machen mit Menschen, die andere Überzeugungen haben, als sie uns von Gottes Wort her möglich sind. Da müssen Unterschiede durchaus auch offen angesprochen werden, ohne dabei aber die Menschen, die eine bestimmte Meinung vertreten, anzugreifen.

Das ist zum Beispiel beim heute viel beschworenen Dialog mit anderen Weltanschauungen und Religionen wichtig. Christen kennen nur einen einzigen Weg zu Gott, und das ist Jesus Christus (Johannes 14,7; Apostelgeschichte 4,12). Wenn andere etwas anderes behaupten, dann können wir ihnen nicht "um des lieben Friedens willen" zustimmen und uns in der Sache großzügig und tolerant zeigen! Nein, dann müssen wir Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apostelgeschichte 5,29), dann gilt das Wort Jesu: "Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater" (Matthäus 10,32f).


8. Frieden - mehr als ein Traum?!


Unser Thema lautet ja: "Frieden - mehr als ein Traum?" Nach allem, was wir uns bis jetzt vor Augen geführt haben, ist die Antwort eine doppelte:

Ja, es gibt Frieden, und zwar durch Jesus Christus, und nur durch ihn! Nur durch ihn können wir Frieden mit Gott haben. Und dieser Frieden zieht Kreise, bis hinein ins Weltgeschehen.

Die andere Antwort ist aber leider auch die: Nein, nur ein Traum! Weil die Welt den Friede-Fürsten, den Frieden in Person, Jesus Christus, nicht haben will, weil sie ihn ablehnt und meint, auch ohne ihn gut auszukommen, deshalb wird es niemals Frieden in dieser Welt geben. Es wird immer Krieg und Gewalt geben, und diese werden sogar zunehmen, bis Jesus Christus wiederkommt (Matthäus 24,6-8).

Frieden in dieser Welt ist in dieser Hinsicht tatsächlich nur ein Traum - ein Traum, der sich freilich in Gottes neuer Welt erfüllen wird, in Gottes neuer Welt, in der die sein werden, die hier dem Friede-Fürsten vertraut haben, die hier mit Jesus Christus gelebt haben.

Noch einmal Manfred Siebald:

4. Der Friede Gottes will in dir beginnen,
du brauchst nicht lange, bis du es entdeckst:
was Gott in dich hineinlegt, bleibt nicht innen -
Friede, der nach außen wächst.

Ich schließe mit Philipper 4, Vers 7:

"Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus."

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!