73. "Leben live"-Gottesdienst, 27. September 2014
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
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Themenpredigt: "Fuchsjagd"

Es gilt das gesprochene Wort!


Da haben Füchse zu reden begonnen. Ihr Gesicht haben sie nicht gezeigt. Aber sie haben geredet, eingeredet. Wie es so ihre Art ist. Sie sind wie ein störendes Ohrgeräusch, liegen einem in den Ohren und versuchen uns weiszumachen, dass es gut für uns wäre, ihnen zu folgen.

Ihr erinnert euch, wie die Füchse hießen: Ungeduld, Lieblosigkeit, Jähzorn, Rache, Eifersucht.

Aber zuvor müssen wir uns noch einmal klar machen, warum das Füchse waren und was mit unserem Thema "Fuchsjagd" eigentlich gemeint ist. Vielleicht ist ja der eine oder andere heute aus reiner Neugier in den "Leben live" -Gottesdienst gekommen, weil ihn das heutige Thema, "Fuchsjagd", neugierig gemacht hat … Was ja gar nicht zu kritisieren ist, sondern - ganz im Gegenteil - uns wirklich freut … Denn genau deshalb überlegen wir uns ja auch genau, wie wir einen "Leben live"-Gottesdienst überschreiben, damit möglichst viele sich vom Thema angesprochen fühlen …

Nach dem Motto: Was wollen die denn? Fuchsjagd? - Was soll das denn? Da muss ich schon mal hingehen …

Also, "Fuchsjagd" …Heutzutage schaut man im Internet in der Wikipedia nach, wo man früher vielleicht ein mehrbändiges Lexikon zu Rate gezogen hätte. Was sagt uns Wikipedia zu diesem Thema? Ehrlich gesagt, ich habe gestaunt, was der Begriff "Fuchsjagd" alles meinen kann … Ich hätte nicht gedacht, dass man fünf verschiedene Dinge darunter verstehen kann …

"Fuchsjagd" steht für:

1. die Bejagung von Füchsen
2. eine Form des sportlichen Jagdreitens
3. eine von Funkamateuren betriebene Sportart
4. eine mit Modellflugzeugen betriebene Sportart
5. ein Verfolgungswettbewerb im Ballonsport

Wäre interessant, was du dir vorgestellt hast, als du das Thema "Fuchsjagd" auf dem Einladungshandzettel oder auf dem Plakat gelesen hast … Ich hätte nur die ersten beiden Bedeutungen gekannt: die Bejagung von Füchsen und eine Form des sportlichen Jagdreitens.

Ich lade euch heute zur Fuchsjagd ein. Dabei verrate ich nicht zu viel, wenn ich sage, dass das, womit wir uns heute im "Leben live"-Gottesdienst beschäftigen, noch einmal eine andere Art von "Fuchsjagd" ist, die zwar mit der ersten Bedeutung (Bejagung von Füchsen) etwas zu tun hat, allerdings nur im übertragenen Sinne.
Aber eins nach dem andern …

Im Hohelied Salomos, Kapitel 2, Vers 15, steht der schöne Satz: "Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben". Das Hohelied Salomos ist ja ein kleines Buch in der Bibel, bestehend aus 8 Kapiteln, das sonst in der Kirche praktisch gar nicht vorkommt. In den sechs Reihen der Predigttexte erscheint es gerade ein Mal als sog. "Marginaltext" für den 20. Sonntag nach Trinitatis. Ein Sonntag, den es gar nicht in jedem Kirchenjahr gibt, und dann noch ein "Marginaltext" …

Das Hohelied ist schon ein besonderes Buch. Zu Recht wird dieses Buch im Hebräischen das Schir ha-Schirim, "Lied der Lieder", das heißt "das schönste Lied", genannt, denn es ist schwer, ein vergleichbares Liebeslied zu finden. Eine Dichtung von großer Kraft und Schönheit vor uns, reich an feinfühlig und treffend gewählten, poesievollen Bildern aus Feld und Garten und aus dem Leben der Tiere und Pflanzen. In den Traumszenen kommt das innerste Gefühl eines Menschen auf eine leidenschaftliche und doch zarte Weise zum Ausdruck. Das Hohelied ist einzigartig in der Heiligen Schrift, da es das einzige Buch ist, das sich ausschließlich mit der Liebe zwischen Mann und Frau beschäftigt, und es tut dies in unvergleichlicher Weise. Und weil es von deren Hochzeit singt, ist es zugleich ein Loblied auf die Ehe und auf die eheliche Liebe zwischen Mann und Frau.

"Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben". Der "Weinberg" ist hier zweifellos ein Bild für die Liebe. Und die Füchse sind die Kräfte, die die Liebe zerstören wollen, die Unfrieden zwischen den sich liebenden Eheleuten stiften …

Aber der Weinberg hat in der Heiligen Schrift noch einen weiteren Klang. Er ist nämlich auch ein Bild für das Volk Gottes (so etwa im Weinberglied, Jesaja 5, oder in den Weinberg-Gleichnissen, die Jesus erzählt hat), für die Gemeinschaft Gottes mit den Seinen (also die Kirche und Gemeinde, so z. B. in der Bildrede Jesu vom Weinstock und den Reben, Johannes 15) und letztlich auch für das Leben der Christen, also wie Christen in der Nachfolge ihres Herrn leben.

"Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben". Es ist nicht nur möglich und erlaubt, sondern völlig in Übereinstimmung mit dem Gesamtzeugnis der Bibel, diesen Satz aus dem Hohelied auch auf uns zu beziehen und uns zu fragen, was er uns für unser Leben zu sagen hat, für unser Leben, wie Gott es sich gedacht hat.

Was sagt uns das Bild vom Weinberg?

Der Weingärtner freut sich, wenn seine Weinstöcke es "verstehen", Weinstock zu sein. Wenn sie tiefe Wurzeln haben und sich dem Licht zuwenden. Wenn sie es zulassen, dass auch einmal etwas weggeschnitten wird, dass eine Ranke umgebogen und in eine andere Richtung gelenkt wird. Und das alles, damit Frucht kommt.

Der Weinberg ist Gefahren ausgesetzt. Hagel oder Frost und Ungeziefer können Schaden anrichten. In biblischen Zeiten und auch heute noch sind es Füchse, die die Weinberge gefährdeten. Während die Winzer ihr Land bearbeiten und ihre Weinstöcke hegen und pflegen, graben diese Tiere unter dem Weinberg ihre Gänge und Höhlen. Sie fressen die Wurzeln der Weinstöcke an und wühlen den Untergrund auf, wodurch der Weinberg instabil wird und zusammenzustürzen droht. Jahrelange Arbeit kann auf diese Weise auf einen Schlag vernichtet werden.

Diese Füchse sind Saboteure. Sie untergraben das Werk des Weingärtners. Und das Schlimme ist: Da sie unterirdisch aktiv sind, ist ihre zerstörerische Arbeit nicht direkt sichtbar oder spürbar. Kleine Füchse sind süß. Es kommt immer wieder vor, dass Jäger der Versuchung nicht widerstehen können, sie am Leben zu lassen, und sie mit nach Hause nehmen, um sie dort als Haustiere großzuziehen. Eines Tages aber kommt ihr wahres Wesen zum Vorschein und man entdeckt, dass man Raubtiere aufgenommen hat.

Für das Reich Gottes gilt dasselbe: Wenn "Ungeziefer" nicht rigoros entfernt wird, geht vieles kaputt. "Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben". Ja, auch wenn sie noch so unscheinbar sind und sogar unsichtbar (denken wir dran, wie sie vorhin aus dem "Off" geredet haben …) - diese "kleinen Füchse" sind in Wahrheit ungute und schädliche Mächte und Kräfte, die dagegen ankämpfen, dass Gottes Werk sichtbar wird in reifer und reicher Frucht.

Diese kleinen Füchse untergraben das, was in uns gesät wurde und zur Blüte kommt. Am liebsten agieren sie im Schatten. Sie nisten sich in den dunklen Ecken unseres Herzens ein und wühlen dort den Boden auf. Sie nagen an den Wurzeln unseres inneren Friedens, sie untergraben unsere Freude. Wenn wir sie nicht entfernen, gibt es keine Frucht.

Die Füchse haben Namen. Die Namen der Füchse, die sich vorhin laut vernehmlich zu Wort gemeldet haben, hießen Ungeduld, Lieblosigkeit, Jähzorn, Rache, Eifersucht. Sie präsentieren sich als Freunde und flüstern uns ein, dass wir uns rächen müssen, dass unser Jähzorn gerechtfertigt ist, dass der andere unsere Untreue verdient hat. Weil wir das gerne hören, nehmen wir die Füchse auf. Aber irgendwann entdecken wir, dass nicht wir die Füchse haben, sondern sie uns!

Die fünf Füchse sind nur Beispiele. Es gibt zahllose weitere Füchse. Jeder kennt seine eigenen Füchse am besten. Und wenn er sie nicht kennt, dann kann er sie sich zeigen lassen.

Es ist der Heilige Geist, der uns diese Füchse zeigt, der sie nicht im Dunkeln ihr Unwesen treiben lässt, sondern sie ans Licht holt. So kann unser Gebet mit Psalm 139, Vers 23-24 sein: "Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne meine Gedanken. Zeige mir, wenn ich auf falschen Wegen gehe und führe mich den Weg zum ewigen Leben" (NLB).

Lasst uns auf Fuchsjagd gehen! Lasst uns den Heiligen Geist immer wieder darum bitten, uns bei der Fuchsjagd zu helfen, die "Füchse" in unserem Leben aufzudecken und uns dabei zu helfen, sie zu entfernen. Damit die guten Früchte reifen können. Damit Gutes und Heilsames geerntet werden können, und zwar im Überfluss. Im Galaterbrief bringt Paulus eine andere Aufzählung, er nennt sie die Frucht des Geistes. Also das, was der Heilige im Leben eines Menschen bewirkt, zum Wachsen, Blühen und Reifen bringt, wenn man ihm Raum gibt. Wenn man ihm erlaubt, die schädlichen kleinen Füchse aufzudecken und zu entfernen. Dann wächst die Frucht des Geistes. Und die Beeren dieser Frucht, die haben auch Namen, nämlich "Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung" (Galater 2,20).

Wenn wir jetzt gleich ruhige Musik hören, dann hat jeder die Möglichkeit, einmal über die Füchse nachzudenken, die seinen Weinberg verderben …

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!