72. "Leben live"-Gottesdienst, 26. Juli 2014
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
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Themenpredigt: "Heiter bis wolkig"

Es gilt das gesprochene Wort!


Habt ihr etwas Ähnliches auch schon erlebt? Der eine freut sich am Sommer, an Wärme, Sonnenschein, Baden … Er versprüht förmlich seine gute Laune, will den Sommer begrüßen … Und seine Ehefrau will nicht einmal die Gartenstühle rausstellen, weil sie sie im letzten Jahr so gut weggepackt hat. Der eine will es sich gut gehen lassen, die Gunst der Stunde nutzen, sich daran freuen, dass jetzt Sommer ist. Und die andere findet tausend Dinge, die zuvor zu erledigen sind: Einkaufen, der Abwasch … Auch das Grillen ist kein guter Vorschlag: keine Holzkohle, Fleisch vorher in die Marinade, Kinder verbrennen sich, Grill bis dahin nicht aufgebaut … Wie schön der Satz: "Aber vielleicht können wir dann nächste Woche ein bisschen Sommer einschieben"! Doch nichts da! Kirschen müssen gepflückt werden, Walking ist angesagt … Schließlich finden sie am 25. August einen Termin, den Sommer zu genießen, von viertel vor drei bis halb sechs - also immerhin zweidreiviertel Stunden. Wenn es denn da mal nicht regnet: "… dann trag schon mal gutes Wetter in deinen Kalender ein!"

Wenn es regnet, dann ist man nicht so gut drauf, wenn die Sonne scheint, dann geht es einem gut.

"Heiter bis wolkig" - während dem Mann die Heiterkeit an der Nasenspitze anzusehen war, war für die Frau der Himmel wolkig, und die selbstgemachten Wolken, die sie für sich sah, die versperrten ihr den Blick auf den heiteren Himmel.

"Heiter bis wolkig", so hört man es öfter in der Wettervorhersage. Wenn man das hört, dann kann man davon ausgehen, dass Regen, Sturm und Unwetter ausbleiben. Dann kann man ohne Regenschirm aus dem Haus und getrost Aktivitäten im Freien planen …

Aber genau bei solchen Aussichten ist es wichtig, den Schwerpunkt richtig zu setzen. Am Wetter können wir ja nichts ändern. Es kommt so, wie es kommt, entweder ist es heiter, oder es ist wolkig. Sehr wohl können wir aber auch unsere Einstellung beeinflussen. So wie es das berühmte halb volle oder halb leere Glas gibt, so kann man in seiner Einstellung eher den heiteren Himmel sehen oder den wolkigen.

Übrigens haben Statistiker herausgefunden, welche Temperatur von den meisten Menschen in Deutschland als angenehm empfunden wird … Was denkt ihr? … Es sind exakt 26 Grad Celsius! Schon ein Grad mehr oder weniger wird von deutlich weniger Leuten als "Wohlfühltemperatur" empfunden … Ich glaube, daran liegt es, dass das Wetter eigentlich niemals jemandem recht sein kann. Alle reden übers Wetter. Das Wetter ist der ideale Aufhänger für das, was man Small Talk nennt. Aber habt ihr schon einmal eine Unterhaltung über das Wetter gehört, bei der man sich nicht über das Wetter beklagt: Entweder ist es zu kalt oder zu heiß, zu nass oder zu trocken, zu windstill oder zu windig …

Die einen finden das Haar in jeder Suppe und gießen in jeden Wein, von dem ihnen jemand vorschwärmt, Wasser hinein. Die anderen lächeln alles weg.

Manche Menschen haben immer ein wolkiges Gemüt, heitere Unbeschwertheit ist ihnen fremd … Die können genauso anstrengend sein wie die "Dauer-Sonnigen", die auch die schlechtesten Nachrichten und Katastrophenmeldungen mit einem Lächeln zukleistern …

"Bleiben Sie heiter, irgendwie!" - so verabschiedet sich oft Maybrit Illner in ihrer Talkshow von den Zuschauern. Aber kann es das geben? Ist das erstrebenswert, immer heiter zu sein, auch wenn die Welt um einen herum zusammenstürzt? Wodurch gewinnen wir überhaupt diese heitere Gelassenheit?

"Heiter bis wolkig" - unser Thema. "Heiter bis wolkig" - das gilt nicht nur für Wetterphänomene und Witterungsbedingungen, sondern das lässt sich gut auf unser alltägliches Leben übertragen.

Denken wir zum Beispiel an die Urlaubserwartungen. Die sind in der Regel riesig groß. Denn der Urlaub soll ja einen Ausgleich bringen für all die eintönige Dinge des Alltags. Doch meistens sind die Erwartungen nicht bei allen, die miteinander in den Urlaub fahren, gleich. Je mehr dabei sind, desto schwieriger wird es … Da ist Streit in den ersten Tagen vorprogrammiert. Wenn man da nicht rechtzeitig die Kurve kriegt, dann ist die erste Urlaubwoche schon rum, bis man sich einigermaßen aufeinander eingespielt hat. Es ist durchaus sinnvoll, sich vorher über die Erwartungen auszutauschen, die jeder hat, dann ist die Enttäuschung nicht so groß.

Und wie sieht es mit dem Leben im Glauben aus? Hat unser Thema "Heiter bis wolkig" Menschen, die mit Gott leben und ihr Vertrauen auf ihn setzen, auch etwas zu sagen?

Das erste Mal, wo in der Bibel die Wolke vorkommt, ist, als das Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten und dem Durchzug durchs Schilfmeer in der Wüste angelangt.


"Und der HERR zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten" (2. Mose 13,21).

Und eben dieses Volk Israel, das vierzig Jahre durch die Wüste ziehen muss, bis es schließlich im verheißenen Land Kanaan ankommt, erlebt ständig "heiter bis wolkig".

Da leiden sie an Durst und fangen an zu meckern und Mose verantwortlich zu machen für ihre Misere. Doch Mose macht das bittere Wasser von Mara süß und genießbar. Und in Elim finden die Israeliten sogar zwölf Wasserquellen und siebzig Palmen. - "Heiter bis wolkig".

Dann leiden sie Hunger, und Gott speist sie auf wunderbare Weise mit Manna, dem Brot vom Himmel, und mit Wachteln, die jeden Abend über das Lager kommen. Da haben wir es schon tatsächlich besser, wenn wir an die Abwechslung denken, die bei uns auf den Tisch kommt - "Heiter bis wolkig".

Was die Israeliten immer wieder lernen mussten, das ist das Vertrauen zu Gott. Wenn Gott sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat, warum sollte er es ausgerechnet im Schilfmeer umkommen lassen? Wenn Gott sein Volk trockenen Fußes durchs Schilfmeer ziehen ließ, was gäbe es für einen Grund, dass er es in der Wüste verdursten oder verhungern lassen würde? Wenn Gott sein Volk schon auf so wunderbare Weise mit Trinken und mit Essen versorgt hat, warum sollte er sie nicht das verheißene Land Kanaan sehen lassen?

Doch das andere ist auch wahr: Die Israeliten hätten nicht vierzig Jahre durch die Wüste wandern müssen, wenn sie vertraut hätten, wenn sie den Anweisungen, die Gott durch seinen Knecht Mose gab, gefolgt wären.

Ihr Ziel war das Land Kanaan; doch Mose wählte nicht den kürzesten Weg dorthin, der etwa 400 Kilometer entlang der sandigen Mittelmeerküste durchs Philisterland geführt hätte, also durch feindliches Gebiet. Sie zogen auch nicht durch das weite Hochland im Innern der Sinaihalbinsel, wo enorm hohe Temperaturen das Geröll und den Sandstein aufheizten. Mose führte das Volk stattdessen durch die schmale Küstenebene nach Süden. Das erste Lager schlugen die Israeliten in Mara auf, wo Gott bitteres Wasser in süßes verwandelte. Nachdem sie von Elim aufgebrochen waren, murrten die Israeliten wegen der Nahrung; Gott sandte ihnen Wachteln und gab ihnen dann das Manna. In Refidim gab es erneut Probleme wegen des Wassers; die angreifenden Amalekiter wurden bezwungen, und Moses bekam von seinem Schwiegervater den dringenden Rat, sich von fähigen Männern helfen zu lassen (2. Mose, Kap. 15 bis 18).

Dann führte Mose die Israeliten weiter nach Süden in die Berge, wo sie am Sinai lagerten. Dort erhielt Gottes Volk das Gesetz, die Stiftshütte wurde gebaut und Schlachtopfer wurden dargebracht. Im zweiten Jahr zogen die Israeliten nordwärts "durch die ganze Wüste, die groß und furchtbar ist" (5. Mose 1,19). Der Marsch bis in die Gegend von Kadesch (Kadesch-Barnea) dauerte anscheinend 11 Tage. Aufgrund eines ungünstigen Berichts von zehn Kundschaftern wurde das Volk furchtsam und musste daraufhin noch weitere 38 Jahre umherwandern (4. Mose 13,1 bis 14,34). Unter den Aufenthaltsorten waren Abrona und Ezjon-Geber, und dann kehrten sie nach Kadesch zurück (4. Mose 33,33-36).

Als für die Israeliten schließlich die Zeit gekommen war, sich dem Land der Verheißung zu nähern, wanderten sie nicht geradewegs nach Norden. Sie zogen um das Land Edom herum und setzten dann ihren Weg auf der Landstraße fort (4. Mose 21,22; 5. Mose 2,1-8). Es war nicht einfach für eine ganze Nation - mit Kindern, Tieren und Zelten -, darauf vorwärts zu kommen. Der Weg führte sie am Sered und am Arnon auf kurvenreichen Strecken in gewaltige (fast 520 Meter tiefe) Felsschluchten hinab und wieder hinauf (5 Mose 2,13; 14,24).

Schließlich kamen die Israeliten zum Berg Nebo. Mirjam, Moses Schwester, war bereits in Kadesch gestorben und Aaron auf dem Berg Hor. Moses starb jetzt in Sichtweite des Landes, das er gern betreten hätte (5. Mose 32,48-52; 34,1-5). Die Aufgabe, Israel in das Land zu führen, fiel nun Josua zu. So endete eine Reise, die vierzig Jahre zuvor begonnen hatte (Josua 1,1-4).

Mose durfte das verheißene Land selber nicht sehen wegen seines Ungehorsams. Dabei scheint es doch nur eine Kleinigkeit gewesen zu sein. Nicht ein Mal, sondern zwei Mal schlug er auf den Felsen (4. Mose 20).

10 Mose und Aaron versammelten die Gemeinde vor dem Felsen und er sprach zu ihnen: Höret, ihr Ungehorsamen, werden wir euch wohl Wasser hervorbringen können aus diesem Felsen?
11 Und Mose erhob seine Hand und schlug den Felsen mit dem Stab zweimal. Da kam viel Wasser heraus, sodass die Gemeinde trinken konnte und ihr Vieh.
12 Der HERR aber sprach zu Mose und Aaron: Weil ihr nicht an mich geglaubt habt und mich nicht geheiligt habt vor den Israeliten, darum sollt ihr diese Gemeinde nicht ins Land bringen, das ich ihnen geben werde.


Auch wenn es schließlich vierzig Jahre geworden sind wegen des Ungehorsam des Volkes und auch wegen Moses Ungehorsam, so ist Gott doch mit seiner Wolkensäule bei Tag und mit seiner Feuersäule bei Nacht seinem Volk vorangegangen.

Als Gott die Israeliten durch die Wüste führte, erschien er nicht nur einmal am Tag und ließ sie dann alleine. Die Feuersäule war die ganze Nacht über da (auch, als sie schliefen), die Wolkensäule den ganzen Tag. Unser Gott verlässt uns nie.

Unser Glaube macht eine Art Quantensprung, wenn wir verstehen, wie gut es ist, dass der lebendige Gott ständig anwesend, ständig bei uns ist. Unser Gott ist das Feuer unserer Nacht und die Wolke unseres Tages. Er verlässt uns nie.

"Der HERR, dein Gott, hat dich gesegnet in allen Werken deiner Hände. Er hat dein Wandern durch diese große Wüste auf sein Herz genommen. Vierzig Jahre ist der HERR, dein Gott, bei dir gewesen. An nichts hast du Mangel gehabt" (5. Mose 2,7).

"Heiter bis wolkig" - wenn unser Leben so verläuft, dann können wir uns glücklich schätzen, dann dürfen wir unserem Gott täglich dafür danken. Denn wir wissen alle, dass "Heiter bis wolkig" nur selten ein Dauerzustand ist, weder beim Wetter noch im Leben.

Manches können wir überhaupt nicht beeinflussen: Da gibt es regnerische und verregnete Zeiten. Auch Stürme, Orkane, selbst Tornados, Zyklone und Hurrikans gehören zu unserem Leben.

Wie gut ist es da zu wissen, dass, egal wie die Wetterverhältnisse sind, unser Gott treu zu uns steht. Er bestraft unseren Ungehorsam Gott sei Dank nicht damit, dass er uns seine Anwesenheit entzieht.

Denn manches können wir in der Tat beeinflussen. Wir ersparen uns manchen selbst-gemachten und selbst verschuldeten Umweg, auch manches selbstgemachte und selbst verschuldete Unwetter, wenn wir ihm vertrauen und die Wege gehen, die er uns zeigt und die er uns führt.

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!