
Themenpredigt: "Man kommt nicht weit im Stehen"

Es gilt das gesprochene Wort!

Von dem, der es schaffte
Vier Menschen mussten durch einen Tunnel. Sie
mussten hindurch, wenn sie es schaffen wollten: es - das war neues Leben, neue
Hoffnung und neuer Mut.
Der Erste geriet bis an
den Eingang des Tunnels, sah hinein, sah das Dunkel, machte kehrt, und es änderte
sich nichts.
Der Zweite geriet auch
bis an den Eingang, aber er entschloss sich, weiter zu gehen. Etwa auf der
Hälfte überkam ihn Panik: Dunkel - Angst - Angst - Dunkel. So machte
er kehrt, kam erschöpft am Ausgangspunkt an, und es änderte sich
nichts.
Der Dritte ging sofort
ohne Zögern in den Tunnel. Er sah keine andere Chance. Aber auch er geriet
mitten drin in Zweifel und Skepsis, in Angst und Beklemmung. Kein Vor und kein
Zurück. Er setzte sich, schlief ein, wachte auf, irrte umher und ging
elend zugrunde.
Der Vierte begann langsam
den Weg in den Tunnel. Zuvor hatte er gebetet, und da war es, als nähme
ein Engel ihn an der Hand. Tastend, aber zuversichtlich ging er ins Dunkel.
Die Angst nahm ab, und ganz in der Ferne, ganz weit weg wurde es hell, und
das Licht wuchs.
"Vier Menschen mussten durch einen Tunnel.
Sie mussten hindurch, wenn sie es schaffen wollten: es - das war neues Leben,
neue Hoffnung und neuer Mut."
Diese Geschichte ist ein Symbol, ein Sinnbild für
unser Leben, eine Art modernes Gleichnis. Jesus hat viel in Gleichnissen geredet, und
er hat in seinen Gleichnissen auch Bezug genommen auf das Alltagsleben seiner Zuhörer.
Nun können moderne Gleichnisse niemals auf die
gleiche Ebene gestellt werden wie die Gleichnisse der Heiligen Schrift, die uns vor
allem im Neuen Testament, in den Evangelien erzählt werden. Denn hinter den Gleichnissen
der Bibel steht ja Gott selber als der eigentliche Autor bzw. Jesus, Gottes Sohn höchstselbst.
Und die unzähligen Verheißungen, die Gott zu seinem Wort gibt, die gelten
eben nur für sein Wort, und nicht für menschliche Gedanken und Überlegungen.
Und trotzdem ermutigen uns die Gleichnisse Jesu, es
ihm gleichzutun und Dinge und Gegenstände aus unserem Alltagsleben dazu zu verwenden,
um geistliche Wahrheiten anschaulich zu machen.
Bei unserem Schattentheater geht es um vier Menschen,
die durch einen Tunnel mussten. Am Ende des Tunnels waren neues Leben, neue Hoffnung
und neuer Mut.
In gewisser Weise gleicht unser ganzes Leben einem
Tunneldurchgang. Und zwar in dem Sinn, dass wir niemals weiter sehen als bis zu dem
nächsten Schritt. Unser ganzer Lebensweg liegt im Dunkeln.
Doch der Tunnel kann auch für bestimmte Abschnitte
auf unserem Lebensweg stehen, die uns besonders schwierig, schmerzvoll und dunkel erscheinen.
Und keiner von uns weiß, wann der Tunnel endet und wann wieder der nächste
kommt.
Auf Bahnfahrten, wenn man die Strecke nicht kennt,
ist das ganz ähnlich. Da kommt irgendwann ein Tunnel. Draußen ist alles
ganz dunkel. Und irgendwann wird es wieder hell.
Es gibt Bahnstrecken, die viele Tunnels haben. Etwa
meine "Hausstrecke", die ich früher jeden Tag in die Schule nach Hersbruck
gefahren bin. Im Pegnitztal zwischen Velden und Vorra auf einer Strecke von etwa zehn
Kilometern gibt es sechs Tunnels.
Auch in unserem Leben gibt es solche "Pegnitztalstrecken",
die für uns alles andere als idyllisch sind. Denn wir müssen sie ja zu Fuß
durchlaufen. Auf unserem Lebensweg gibt es keine Abkürzung, auch keine zeitliche.
Wir können unseren Lebensweg nicht mit der Bahn fahren oder mit dem Flugzeug fliegen.
"Man
hofft vergebens, dass man fliegt."
Wenn Tunnels auf unserem Lebensweg auf uns zukommen,
dann kann man sich ganz unterschiedlich verhalten. So wie es unser modernes Gleichnis
erzählt.
Der Erste geriet bis an
den Eingang des Tunnels, sah hinein, sah das Dunkel, machte kehrt, und es änderte
sich nichts.
Ja, wenn ich zurückweiche dann beraube ich mich
auch der Chance, zum Licht zu gelangen. Denn nur durch das Dunkel des Tunnels hindurch
wird am Ende das Licht stehen. Der Apostel, der den Hebräerbrief geschrieben hat,
erinnert daran: "Mein Gerechter
aber wird aus Glauben leben. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen
an ihm" (Hebräer 10,38).
Und er greift damit einen Gedanken auf, der sich schon im Alten Testament, beim Propheten
Habakuk, findet: "Die Weissagung
wird ja noch erfüllt werden zu ihrer Zeit und wird endlich frei an den Tag kommen
und nicht trügen. Wenn sie sich auch hinzieht, so harre ihrer; sie wird gewiss
kommen und nicht ausbleiben"
(Habakuk 2,3). Zurückweichen ist also das Allerletzte, was wir tun sollten.
Der Zweite geriet auch
bis an den Eingang, aber er entschloss sich, weiter zu gehen. Etwa auf der
Hälfte überkam ihn Panik: Dunkel - Angst - Angst - Dunkel. So machte
er kehrt, kam erschöpft am Ausgangspunkt an, und es änderte sich
nichts.
Das Problem, das sich am Verhalten des Zweiten zeigt,
könnte man mit mangelndem Realitätssinn umschreiben. Wer vor einem Tunneleingang
steht, der weiß, dass ihn für eine gewisse Zeit Dunkelheit erwartet. Nur
einer, der sich Illusionen macht, rechnet damit, dass das Dunkel augenblicklich vorbei
ist, sobald er durch den Eingang gegangen ist. Er hielt die Dunkelheit nicht aus. Angst
machte sich breit. Voller Angst kehrte er erschöpft am Ausgangspunkt an. Im wirklichen
Leben ist das ja so gar nicht möglich: Leidvolle Lebensabschnitte können
wir nicht dadurch umgehen, dass wir zum Ausgangspunkt zurückgehen. Wohl meinen
manche, sie könnten sich dunkle Lebenswege ersparen, indem sie sich in die hellen
Lebenssituationen zurückflüchten, und müssen am Ende feststellen, dass
sie es nicht selber beeinflussen können, welche Lebensabschnitte hell oder dunkel
sind.
Der Dritte ging sofort
ohne Zögern in den Tunnel. Er sah keine andere Chance. Aber auch er geriet
mitten drin in Zweifel und Skepsis, in Angst und Beklemmung. Kein Vor und kein
Zurück. Er setzte sich, schlief ein, wachte auf, irrte umher und ging
elend zugrunde.
Der Dritte im Tunnel machte den Fehler, dass er stehenblieb,
sich sogar hinsetzte und einschlief. Das erinnert mich an den Propheten Elia, der einfach
nicht mehr konnte und sich müde vom Leben unter einem Wacholder schlafen legte
(1. Könige 19).
4 Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise
weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu
sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele; ich bin nicht
besser als meine Väter.
5 Und er legte sich hin und schlief unter dem
Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh
auf und iss!
6 Und er sah sich um, und siehe, zu seinen
Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als
er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen.
7 Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal
wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen
weiten Weg vor dir.
8 Und er stand auf und aß und trank und
ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte
Der Dritte, der in den Tunnel ging, verlor komplett
die Orientierung. Er wusste nicht mehr, wo vorne und wo hinten war, von wo er kam und
wohin er gehen sollte. Am Ende lief er wohl im Kreis und kam nie mehr zum Tunnelausgang;
es gelang ihm aber auch nicht, zurück zum Eingang zu gehen.
Gleich nach dem Zurückweichen vor dem Tunneleingang
(der Erste) ist das Stehenbleiben im Tunnel das Zweitschlechteste. Ein resigniertes
Stehenbleiben ist damit gemeint. Denn manchmal ist es auch richtig und notwendig stehenzubleiben
und innezuhalten.
Doch wenn es uns passiert, dass wir nicht mehr weiterwissen
und resigniert ste-henbleiben, dürfen wir trotzdem die Hoffnung haben, dass ein
Engel kommt und zu uns sagt: "Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg
vor dir." "Zugrunde gehen", wie es in unserem Gleichnis heißt,
werden wir nur, wenn wir zu stolz sind, uns helfen zu lassen.
Manfred Siebald greift diesen Gedanken in seinem Lied
auf, das wir vorhin gesungen haben:
Irgendwann hat alles angefangen,
und wir fanden in Jesus den Weg und das Ziel,
sind den ersten Schritt mit ihm gegangen,
doch nach dem zweiten standen wir schon still.
Ja, wir sind vielleicht losgelaufen. Anders als der
Erste, der vor dem Tunnel haltgemacht hat und gleich wieder umgekehrt ist. Aber im
ersten Tunnel auf unserem Weg sind wir gleich wieder stehengeblieben.
Die Konsequenz kann nur lauten:
Wir wollen weitergehn,
man kommt nicht weit im Stehn und hofft vergebens,
dass man fliegt.
Herr, hilf beim Weitergehn,
und hilf uns zu verstehn, dass immer noch das
Beste vor uns liegt.
Das Beste, das vor uns liegt, ist nicht das Ende eines
Tunnels, solange der nächste nicht lange auf sich warten lässt. Das Beste
ist das Licht am Ende unseres Lebens, das ewige Licht, das die erwartet, die in diesem
Leben ihr Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt haben.
"Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und
ein Licht auf meinem Wege" (Psalm
119,105). Gottes Wort ist uns ein Licht auf unserem Weg. Im Tunnel unseres Lebens sind
wir auf ein Licht angewiesen, das uns Orientierung bietet und den Weg ausleuchtet,
den unsere Füße gehen. Gottes Wort verhindert, dass wir uns letztlich im
Kreis drehen, es zeigt uns klar und deutlich die Richtung, die zum Ausgang des Tunnels
führt.
Der Vierte begann langsam
den Weg in den Tunnel. Zuvor hatte er gebetet, und da war es, als nähme
ein Engel ihn an der Hand. Tastend, aber zuversichtlich ging er ins Dunkel.
Die Angst nahm ab, und ganz in der Ferne, ganz weit weg wurde es hell, und
das Licht wuchs.
Was hat der Vierte anders gemacht als die anderen drei?
Er hat gebetet. Er hat Kontakt aufgenommen mit seinem
Schöpfer. Er weiß, dass der lebendige Gott unseren Lebensweg kennt, auch
die dunklen Abschnitte. Und dieses Wissen schenkt ihm Geborgenheit. Er war nicht allein
im Tunnel. Es war ihm als nähme ein Engel ihn an der Hand. "Ganz weit weg
wurde es hell, und das Licht wuchs." Genau dieses Versprechen gibt uns Gott in
seinem Wort. Wer auf Gott vertraut und mit ihm lebt, der tappt nicht im Dunkel, sonders
dessen Lebensweg gleicht der Morgendämmerung, wo die Nacht dem Licht mehr und
mehr weichen muss. "Der Gerechten
Pfad glänzt wie das Licht am Morgen, das immer heller leuchtet bis zum vollen
Tag" (Sprüche 4,18).
Tunnelabschnitte wird es in unserem Leben immer geben.
Wir suchen sie uns nicht aus, sie kommen einfach auf uns zu. In der Bibel ist keine
Rede von Tunnels. Natürlich gab es zu biblischen Zeiten auch schon das, was wir
Tunnel nennen. Schon die alten Ägypter bauten solche etwa zu den Pharaonengräbern
in den Pyramiden oder im "Tal der Könige".
Wohl aber gibt es etwas anderes, was wie ein Tunnel
ist. Ich meine die "finsteren
Täler", von denen David
im 23. Psalm redet. Eine lange Schlucht, wo links und rechts von einem Felswände
emporragen, die sich oben beinahe schließen, sodass kein Sonnenstrahl dorthin
gelangen kann und selbst vom Tageslicht kaum etwas zu sehen ist. Durch diese finsteren
Täler müssen die Schafe, um auf die Hochplateaus zu gelangen, wo die Sommerweiden
warteten. Es führte kein anderer Weg dahin.
Wenn wir um den guten Hirten wissen, dann brauchen
wir keine Angst zu haben. Wenn unser Leben in seinen guten Händen ist, denn dann
können wir mit David sprechen:
"Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich" (Psalm 23,4).
Nicht zufällig wechselt David genau an dieser
Stelle des Psalm von der 3. Person, wo er über den guten Hirten redet, in die
2. Person, wo er mit ihm redet, ihn direkt und persönlich anredet. Diese
Worte "du bist bei mir" sind wie Balsam auf die Seele. Sie sind echter Trost. Denn
sie besagen doch: Dunkle Täler, dunkle Tunnels wird es immer geben, aber wir müssen
sie nicht allein bewältigen. Nein, der gute Hirte ist bei uns, neben uns, an unserer
Seite. Mit seinem Hirtenstab macht er uns den Weg frei, und mit seinem Stecken verjagt
er die wilden Tiere und die Räuber, die uns ans Leben wollen, und er weist eigensinnige
Schafe in die Schranken. So sind wir sicher und geboren, egal, was kommt. Der Apostel,
der den Hebräerbrief geschrieben hat, erinnert uns daran, dass der gute Hirte
selber jeden Weg gegangen ist, den seine Schafe gehen müssen (Hebräer 4,15).
Aber wir wissen auch noch um ein anderes Licht in den
Tunneln unseres Lebens, das uns mehr zeigt, als wo der Eingang und der Ausgang des
Tunnels ist. Es ist kein Etwas, sondern eine Person. Jesus Christus sagt von sich:
"Ich bin das Licht der Welt.
Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht
des Lebens haben" (Johannes
8,12). Ist das nicht wunderbar? Wenn wir Jesus Christus nachfolgen, dann wandeln wir
nicht in der Finsternis, dann tappen wir nicht im Dunkeln. Dann brauchen wir nur ihm
hinterherzugehen. Und wir werden den Lebensweg recht gehen. Dann werden selbst die
Tunnelabschnitte unseres Lebens nicht durchweg dunkel sein, sondern Jesus Christus
selbst leuchtet und macht unseren Weg hell.
Auch ein erleuchteter Tunnel, ein Tunnel, in dem Licht
scheint, ist und bleibt ein Tunnel! Das heißt, wer mit Jesus Christus geht, ihm
nachfolgt, dem bleiben die Tunnels nicht erspart. Aber es sind keine Tunnels, in denen
die Angst und Beklemmung regiert, sondern Tunnels, in denen das Licht uns die Hoffnung
gibt, dass der Tunnel auch wieder einen Ausgang hat.
"Man kommt nicht weit im Stehen" - so lautet
unser heutiges Thema. Ja, wir dürfen weitergehen, weil wir nicht allein sind auf
unserem Lebensweg. Dietrich Bonhoeffer sagt einmal: "Gottes Wege sind Wege, die
er selbst gegangen ist und die wir nun mit ihm gehen sollen."

Die Kirchengemeinde
Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!
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