67. "Leben live"-Gottesdienst, 28. September 2013
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Die verwendeten Bibeltexte sind - soweit nicht anders angegeben - mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984,
durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung.
© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
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Ein Nachdruck des revidierten Textes der Lutherbibel sowie jede andere Verwertung
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der Genehmigung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.


Themenpredigt: "Mehr als genug"

Es gilt das gesprochene Wort!



Was ist genug? Eigentlich kann diese Frage nur jeder für sich selber beantworten … Wenn wir leben können, ohne erheblich eingeschränkt zu sein … Wenn wir genug zu essen und zu trinken haben, ein Dach über dem Kopf, uns waschen und anziehen können …

Wenn wir so darüber nachdenken, dann wird uns schnell bewusst, dass wir nicht nur genug haben, sondern mehr als genug. Wir haben eben nicht nur genug zu essen und zu trinken, sodass wir leben können, sondern wir haben eine riesige Auswahl an Essen und Trinken, es geht uns nicht allein ums Sattwerden und darum, unseren Durst zu stillen, sondern wir lieben es auch, Essen und Trinken zu genießen. Gleiches gilt für unsere Kleidung: Wir haben nicht nur irgendetwas zum Anziehen, sondern einen ganzen Kleiderschrank voll, können uns für die unterschiedlichsten Anlässe passend kleiden … Und auch die nicht materiellen Dinge - Freunde, Heimat … - haben wir reichlich.

Woher kommt das? Der Liederdichter Matthias Claudius hat einmal gesagt: "Gott, weil er groß ist, gibt am liebsten große Gaben …" Das könnte die Erklärung sein. Gott, der Schöpfer und Erhalter des Lebens, beschenkt uns überreich. Und wir? Wir merken es oft gar nicht, nehmen es als selbstverständlich hin und erheben daraus sogar einen Anspruch. Matthias Claudius' Satz geht nämlich weiter: "… ach dass wir Armen nur so kleine Herzen haben!"

Wir können die Bibel von vorne bis hinten lesen. Überall begegnet uns ein Gott, der alles andere als kleinlich, "kleinkariert", sparsam, zurückhaltend ist.

Es lohnt sich, das, was uns die Bibel über Gott erzählt, wie sie ihn uns vorstellt, einmal unter diesem Blickwinkel "Mehr als genug!" näher zu betrachten. "All die Fülle ist in dir, o Herr …" Man könnte Hunderte, vielleicht Tausende solcher Geschichten finden, weil zu Gottes Wesen eben Großzügigkeit und Fülle gehört. Schauen wir uns einfach ein paar Abschnitte und Geschichten der Bibel an.

Das geht ja schon los mit der Schöpfung (1. Mose 1,1ff; 2,1ff). Ja, die Schöpfung ist auch "zweckmäßig", wenn man das so sagen will. Aber eine Schöpfung, die nur zweckmäßig wäre, bräuchte nicht so groß und weit und vielfältig zu sein, wie die Schöpfung ist. Die unendlichen Weiten des Weltraums, die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten, einige Millionen sind es … Der Schöpfer ist geradezu verschwenderisch!

Ja, und dann der Mensch, das Ebenbild Gottes - jeder Mensch ist anders, jeder ist einzigartig, keinen Menschen hat es je ein zweites Mal gegeben, keinen gibt es heute ein zweites Mal, und keinen Menschen wird es jemals ein zweites Mal geben. Wie erbärmlich ärmlich sind doch manche skrupellosen Wissenschaftler in ihrem Größenwahn, wenn sie nicht davor zurückschrecken, Menschen klonen zu wollen, das heißt vom Erbgut her identische Menschen zu "produzieren". Gottes Größe und Schöpfermacht zeigt sich doch gerade darin, dass kein Mensch dem anderen gleicht. Habt ihr euch schon einmal die Frage gestellt, warum das so ist? Die Antwort ist: "Mehr als genug" - Gott hat eben nicht nur genug geschaffen, sondern mehr als genug. Er hätte wohl identische Menschen schaffen können, alle Erwachsenen in Einheitsgröße, eine Sorte Mann und eine Sorte Frau - und alle schauen sie gleich aus; aber er wollte es nicht …

Sehen wir uns an, wie Gott sein Volk Israel in der Wüste versorgte (2. Mose 16,1ff). Er gab ihnen Manna, Brot vom Himmel, und Wachteln zu essen. Nun sagt ihr wahr-scheinlich: Warum immer nur dasselbe, Manna und Wachteln? Warum hat Gott seinem Volk den Tisch nicht reich gedeckt, ihnen ein riesiges Büffet aufgefahren, wenn er schon so überreich gibt? Gott ist daran nicht schuld - die Bibel redet davon, dass Gott sein Volk bestrafte, weil es immer wieder murrte, gegen Mose, der es führen sollte, aber auch gegen Gott selbst. Aber Gott hat sein Volk dennoch nicht im Stich gelassen. Er hat ihnen kein Luxusessen spendiert, aber er hat sie nicht verhungern lassen, hat ihnen alles gegeben, was sie zum Leben brauchten. Und er hat sie täglich versorgt, hat ihnen täglich Manna und Wachteln gegeben. Und wenn das Volk meinte, es könnte doch ein wenig aufheben für den nächsten Tag, dann war das Manna verdorben. "Unser tägliches Brot gib uns heute" (Matthäus 6,11). Nur am Tag vor dem Sabbat, da gab Gott den Israeliten so viel, dass es für zwei Tage reichte, für den Sabbat noch mit, damit sie nicht am Sabbat, dem heiligen Ruhetag, arbeiten und das Manna aufsammeln mussten.

Psalm 78, ein Psalm, der die Geschichte des Volkes Israel erzählt, beleuchtet gewissermaßen die Hintergründe, er lässt uns einen Blick in Gottes Herz tun, was er sich dabei gedacht hat (nach der Übersetzung der BasisBibel):


15 Unterwegs in der Wüste zerteilte Gott Felsen.
Da konnten sie trinken, mehr als genug.

16 Er ließ Bäche aus dem Gestein treten
und sie wie Wasserfälle herabfließen.

17 Trotzdem machten sie weiter mit ihrer Sünde.
Sie widersetzten sich ihm und stellten sich
gegen den Höchsten im dürren Land.

18 In ihrem Herzen forderten sie Gott heraus.
Sie verlangten nach Essen für ihren Hals.

19 Sie redeten gegen Gott und sagten frech:
"Kann uns denn Gott den Tisch decken
in dieser kargen Wüste?

20 Gewiss, als er damals gegen den Felsen schlug,
quoll Wasser hervor und Bäche flossen heraus.
Aber wie steht's mit Brot? Kann er uns das geben?
Oder kann er Fleisch beschaffen für sein Volk?"

21 Als der Herr das hörte, wurde er zornig.
Er ließ ein Feuer wüten gegen Jakob.
Auch gegen Israel entflammte sein Zorn.

22 Denn sie hatten Gott nicht geglaubt
und nicht auf seine Hilfe vertraut.

23 Da gab er Befehl den Wolken droben
und öffnete die Türen des Himmels.

24 Manna zum Essen ließ er auf sie regnen.
Das Korn des Himmels teilte er ihnen aus.

25 Vom Brot der Engel durften sie essen.
Er ließ ihnen sogar einen Vorrat zukommen,
sodass es ihnen an nichts fehlte.

26 Dann ließ er den Ostwind am Himmel auffrischen
und führte den Südwind mit Macht herbei.

27 Wie Staubkörner ließ er Fleisch auf sie regnen
und Geflügel wie Sandkörner am Meer.

28 Er ließ es mitten in sein Lager fallen
und rings um seine Wohnzelte herum.

29 Da aßen sie und wurden davon ganz satt.
Was sie verlangten, hatte er ihnen gewährt.

30 Doch ihre Gier war noch nicht gestillt.
Dabei hatten sie nicht einmal aufgegessen.


Schauen wir uns noch eine Geschichte an, die im 4. Buch Mose im 13. und 14. Kapitel berichtet wird. Mose schickt Kundschafter (Spione) ins Land Kanaan, in das verheißene Land, damit sie den Israeliten berichten könnten, was für ein Land das ist, in das die Israeliten ziehen sollten. Als die Kundschafter zurückkehren, berichten sie von einem Land, in dem Milch und Honig fließt. Sie erzählen von den Früchten, die sie dort sahen: Granatäpfel und Feigen im Überfluss und eine Weinrebe ab, die zwei Personen an einem Stock zwischen sich tragen mussten! Mehr als genug gibt es in dem von Gott verheißenen Land.

Beim Blick ins Neue Testament finden wir dasselbe bestätigt. 5000 Mann werden satt von fünf Broten und zwei Fischen. Es ist so reichlich, dass sogar noch einige übrigbleibt, was in Körben eingesammelt wird (Markus 8,1ff). Mehr als genug!

Oder denken wir an die Geschichte, die wir unter der Überschrift "Der Fischzug des Petrus" in der Bibel finden (Lukas 5,1ff). Die ganze Nacht sind die Jünger draußen zum Fischfang auf dem See Genezareth, und sie haben keinen einzigen Fisch gefangen. Jesus fordert Petrus auf, noch einmal hinauszufahren. Nun waren ihre Netze so voll, dass sie zu reißen begannen! Sie riefen nach ihren Gefährten in dem anderen Boot, und bald darauf waren beide Boote so voller Fische, dass sie unterzugehen drohten. - Mehr als genug!

Einmal erklärt Jesus seinen Jüngern, dass Menschen, die an ihn glauben, eine Ausstrahlung haben, und er vergleicht diese Ausstrahlung mit dem Wasser, das aus einer Quelle herausfließt. Wäre das schon ein großartige Zusage und Verheißung, so begnügt Jesus sich nicht - bildlich gesprochen - mit einem kleinen Rinnsal. Nein, er sagt: "Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen" (Johannes 7,38). Man muss sich das bildlich vorstellen, um zu merken, welche Fülle darin steckt, welche fantastische Verheißung Jesus hier seinen Leuten gibt: "Ströme von lebendigem Wasser brechen hervor." - Mehr als genug!

In dieselbe Richtung geht das andere Versprechen, das Jesus im Anschluss an seine Bildrede vom guten Hirten macht: "Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen" (Johannes 10,10). "Und du gibst nicht nur ein wenig, Herr, die Fülle ist bei dir!" - Mehr als genug!

Auch der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth: "Gott kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk …" (2. Korinther 9,8).

Hier geht es um die ganz wichtige Frage, dass die einen viel, ja alles haben, und die anderen Mangel leiden müssen. Denn wenn wir uns in unserer Welt umschauen, dann ist das doch tatsächlich so: Während wir im Überfluss ohne Ende leben, verhungern anderswo auf der Welt Menschen. Gott gibt jedenfalls mehr als genug - so viel, dass es für alle Menschen reicht. Vorausgesetzt, wir sind bereit, Gutes zu tun und zu teilen. Daran wird uns übrigens ab Dienstag der Monatsspruch für Oktober 2013 erinnern: "Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen; denn an solchen Opfern hat Gott Gefallen" (Hebräer 13,16).

Gott beschenkt uns, überreichlich. Er gibt uns - mehr als genug!

Die Kirchengemeinde Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!