Themenpredigt: "Nochmal Glück gehabt"
Es gilt das gesprochene Wort!
"Nochmal Glück gehabt!" - so heißt
das Thema unseres heutigen "Leben live"-Gottesdienstes. "Nochmal Glück
gehabt!" - wie oft haben wir schon diesen Satz gesagt! Von uns selber. Oder zu
jemand anderem: "Da hast du aber nochmal Glück gehabt!" Aber wissen
wir eigentlich, was wir da sagen?
Hören wir uns drei Begebenheiten an, auf die
viele mit dem Satz "Nochmal Glück gehabt" reagieren würden.
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In unserem allgemeinen Sprachgebrauch wird Glück
heute weithin als ein erstaunlicher, nicht erwarteter Zufallstreffer verstanden, der
jemandem von einem "guten Schicksal" beschert worden ist. Das kann der Lotto-Jackpot
sein, so wie diese Woche in den Nachrichten zu hören war: "Ein Lottospieler
aus Oberbayern hat den Lotto-Jackpot geknackt. Er bekommt 31,7 Millionen Euro. Es ist
der höchste bayerische Einzelgewinn, den es jemals in der Lottogeschichte gegeben
hat. Genaueres zur Herkunft des Glückspilzes wurde nicht mitgeteilt. Nur so viel:
Der Schein, der jetzt 31,7 Millionen Euro wert ist, hat 10,75 Euro gekostet."
"Glück gehabt!", denken sich viele.
Glück erscheint aber zugleich als etwas, Unberechenbares,
dem man keine Dauer zutraut: "Glück und Glas, wie leicht bricht das."
Hier wirken bei vielen doch so "aufgeklärten" Menschen noch immer Vorstellungen
aus der Antike nach, wo Glück die Gabe von launischen Gottheiten war, die es völlig
nach Belieben zuteilten und auch wieder wegnahmen.
Deshalb ist das Wort Glück auch so oft mit
abergläubischen Vorstellungen verbunden. Das wird schon an Wörter wie "Glücksbringer",
"Glücksklee", "Glücksschwein" usw. deutlich. Da verwundert
es dann auch nicht, wenn manche nicht einmal "Nochmal Glück gehabt"
sagen, sondern: "Nochmal Schwein gehabt".
Wer jedenfalls "Glück" in diesem
abergläubischen Sinn versteht, der sieht im Glück an sich etwas, dem man
mit höchstem Respekt und größtem Misstrauen begegnen sollte. Denn er
sieht in diesem Glück, das er gerade erlebt hat, meist eine Bevorzugung gegenüber
anderen und ein Glück auf Kosten anderer.
Wie aber steht es denn überhaupt mit dem Glück?
Ist "Nochmal Glück gehabt" überhaupt eine angemessene Ausdrucksweise
für Menschen, die an Gott glauben und ihr Vertrauen auf ihn setzen?
Schauen wir in die Bibel. Da fällt zunächst
einmal auf, dass dort das Wort Glück gar nicht oft vorkommt. Und wenn wir genauer
hinschauen, dann stellen wir zu unserem Erstaunen fest, dass es im Neuen Testament
überhaupt nicht vorkommt. Im Alten Testament finden sich ganze 15 Belege. Aber
da geht es niemals um "Glück" im Sinne von "Zufallstreffer",
sondern es ist immer auf Gott bezogen. Ein paar Beispiele:
1.Mose 39,29: "Der Herr war mit Josef, und
was er tat, dazu gab der HERR Glück."
5.Mose 30,9: "Der Herr, dein Gott, wird dir
Glück geben zu allen Werken deiner Hände
"
Psalm 128,5: "Der Herr wird dich segnen aus
Zion, dass du siehst das Glück Jerusalems dein Leben lang."
"Glück" bedeutet so viel wie "Gelingen".
Und dieses Gelingen ist auf Gott bezogen, es kommt von ihm, wird von ihm gewährt.
Aber nicht nach Belieben.
"Nochmal Glück gehabt"? Über
uns waltet kein ungewisses Schicksal, kein Zufall, sondern wir leben in Abhängigkeit
von Gottes Segen. An Gottes Segen ist alles gelegen.
Und seine Gaben können wir nur dankbar empfangen.
Es heißt eben nicht: "Lobe das Glück und vergiss nicht, was es dir
Gutes getan hat", sondern: "Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht,
was er dir Gutes getan hat." Und man kann auch die entscheidenden Worte ganz besonders
betonen: "Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was ER dir Gutes getan
hat." Und das ist doch etwas ganz anderes, als zu sagen: "Nochmal Glück
gehabt!"
Gott tut uns so viel Gutes, und er will sich dadurch
bei uns in Erinnerung bringen. Erinnerung ist das Gegenteil von Vergessen. "Vergiss
nicht, was er dir Gutes getan hat", das heißt eben: Erinnere dich immer
wieder daran, "denke daran, was der Allmächtige kann, der dir mit Liebe begegnet"
(EG 317,4).
Und damit sind wir beim 91. Psalm, von dem viele
nur die Verse 11 und 12 kennen: "Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie
dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen
und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest." Ohne Zweifel ist
das seit Jahren der beliebteste selbst ausgewählte Taufspruch, vielleicht nicht
zuletzt deshalb, weil er im Gesangbuch als einer von lediglich 9 Vorschlägen steht.
Aber wichtig ist hier der Anfang des Psalms: "Wer
unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen
bleibt, der spricht zu dem HERRN: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den
ich hoffe." Das also ist die Voraussetzung für alles "Glück",
für allen Segen, der in diesem Psalm genannt wird: unter dem Schirm Gottes leben
und bleiben, sein Vertrauen, seine Hoffnung und seine Zuversicht allein auf Gott setzen.
Wir haben ja vorhin den 91. Psalm gebetet. Und wir
haben ihn vom ersten bis zum letzten Wort gebetet, haben uns nicht beschränkt
auf den Vers von den Engeln, denen Gott befohlen hat, dass sie uns behüten auf
allen unseren Wegen. Und wir haben auch die Löwen und Ottern, auf denen wir gehen,
und die Drachen, die wir niedertreten sollen, nicht ausgelassen.
Und ich hoffe, wir haben dabei gemerkt, welche Provokation
dieser Psalm enthält, welche Herausforderung für unser Leben darin steckt.
"Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird sich deinem Hause nahen."
Die Provokation lässt sich deutlich machen, wenn wir Fragen stellen wie: Können
Christen nicht an Seuchen (etwa der Schweinegrippe) erkranken? Und was ist mit denen,
die daran erkranken? Wir erleben und erfahren es doch Tag für Tag, dass auch und
vielleicht gerade auch Christen viel Schweres zu tragen haben, dass sie keineswegs
von sämtlichen Krankheiten, Katastrophen, Schicksalsschlägen verschont bleiben.
Wir sollten den Psalm auch nicht vorschnell vergeistigen.
Natürlich kann mit den Drachen auch der Teufel gemeint sein. Aber es wäre
zu kurz und zu schnell gedacht, wenn damit nur gemeint wäre, wir sollen den Teufel
niedertreten. Auf welchen buchstäblichen Löwen und Ottern wir gehen sollen
und welche buchstäblichen Drachen wir niedertreten sollen, das sei einmal dahingestellt.
Aber wir sollten uns schon überlegen, was damit alles gemeint sein könnte.
Und zwar nicht allgemein und irgendwie, sondern konkret, wenn ich über meine jetzige
Lebenssituation nachdenke.
Und die vielleicht größte Provokation
steckt in Vers 7: "Wenn auch tausend fallen zu deiner Seite und zehntausend zu
deiner Rechten, so wird es doch dich nicht treffen." Das widerstrebt unserem menschlichen
Gerechtigkeitsempfinden, dass tausende sterben, ja getötet werden, und den einen,
der sich an Gott hält, es nicht treffen wird.
Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass der
Teufel, als er Jesus in der Wüste versuchte, ausgerechnet Worte aus dem 91. Psalm
zitiert hat. Der 91. Psalm ist ein Vertrauenspsalm und keine besserwisserische und
überhebliche Abrechnung mit Gott, nach dem Motto: "Und, Gott, hast du das
auch alles gemacht? Und wenn nicht, dann halte dich gefälligst an das, was du
uns in deinem Wort sagst
wenn ich schon an dich glauben soll
" Das
wäre genau die Art und Weise, mit den Worten des Psalms umzugehen, wie der Teufel
das bei der Versuchung von Jesus gemacht hat. Eine völlig unangemessene, grundverkehrte
Art und Weise, mit Gottes Wort, und damit auch mit diesem Psalm, umzugehen!
Die rechte Art und Weise, mit dem Psalm umzugehen,
führt uns Martin Luther vor, der Worte aus diesem Psalm in seiner Auslegung zum
1. Artikel des Glaubensbekenntnisses sinngemäß aufnimmt: "Ich glaube,
dass
Gott
mit allem, was not tut für Leib und Leben, mich reichlich
und täglich versorgt, in allen Gefahren beschirmt und vor allem Übel behütet
und bewahrt
" (EG 905.2).
Und wenn es doch anders kommt? Wenn ich vor "Übeln"
- welcher Art auch immer sie sein mögen - nicht "bewahrt" bleibe? Dann
werde ich trotzdem an Gott festhalten, dann werde ich weiterhin mein Vertrauen auf
ihn setzen. Gottes Wort ist wahr und sein Wort wird auch dann mir helfen, "den
schweren Kelch, den bittern" aus seiner "guten und geliebten Hand" zu
nehmen. Wir können Gott nicht ins Herz schauen, wir können seine Gedanken
nicht bis ins Letzte verstehen. Er sagt es auch deutlich: "Meine Gedanken sind
nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern
so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher
als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken" (Jesaja 55,8f). Und trotzdem
sind die Gedanken, die Gott über dem Leben derer hat, die ihm vertrauen, gute
Gedanken, Gedanken des Friedens: "Ich weiß wohl, was ich für Gedanken
über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides,
dass ich euch gebe das Ende, des ihr wartet" (Jeremia 29,11). Und der Apostel
Paulus drückt es im Römerbrief so aus: "Wir wissen aber, dass denen,
die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen
sind" (Römer 8,28).
"Es kann mir nichts geschehen, als was er hat
ersehen und was mir selig ist." (Paul Fleming 1642; EG 368,3). Oder: "Es
tut ihm nichts gefallen, denn was mir nützlich ist
" (Ludwig Helmbold
1663; EG 365,4).
Kommen wir noch einmal zurück zu unserer Themenformulierung.
"Nochmal Glück gehabt". Weil das Wort "Glück" von den
meisten unserer Zeitgenossen in einem ganz bestimmten Sinn, nämlich im Sinn von
"Zufallstreffer", im Sinn von unpersönlichem Schicksal und oft auch
im abergläubischen Sinn verstanden wird, sollten Menschen, die "unter dem
Schirm des Höchsten sitzen", die ihr Vertrauen, ihre Hoffnung und Zuversicht
auf den lebendigen Gott setzen, nicht leichtfertig einen Satz wie "Nochmal Glück
gehabt" gebrauchen. Auch wenn man den Satz "christlich" deuten kann
im Sinne von "alles, auch das Glück, kommt von Gott", so werden es doch
unsere Zuhörer selten so verstehen. Mit anderen Worten: Auch wenn wir selber es
anders meinen, unsere Gesprächspartner werden es auf ihre Weise verstehen. Was
aber so missverständlich ist, ist nicht geeignet, anderen Menschen zu verstehen
zu geben, dass Gott der Herr in meinem Leben ist und dass er mir so viel Gutes tut.
Und nicht zuletzt bringen wir uns selber um Gelegenheiten, von Gottes Handeln, Gottes
Eingreifen in unserem Leben zu erzählen.
Überlegen wir uns doch, was wir statt "Nochmal
Glück gehabt" sagen können. Vielleicht: "Das war Bewahrung!"
"Da hatte Gott seine Hand im Spiel", "Gott hat mich da vor Schlimmerem
bewahrt"
Jeder wird seine eigene Ausdrucksweise haben, wie er Gottes Wirken
in seinem Leben deutlich zur Sprache bringen kann. "Nochmal Glück gehabt"
ist jedenfalls die schlechteste von allen
Die Kirchengemeinde
Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!
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