Themenpredigt:
"Ich bin so frei ..."
Es gilt das gesprochene Wort!
Wenn man der Bedeutung von Freiheit nachgeht,
stößt man recht schnell auf einen Begriff, der heute fast synonym zu Freiheit
verwendet wird: Unabhängigkeit.
Unabhängigkeit, Ungebundensein, tun und lassen
können, was man will, keinem Rechenschaft ablegen müssen, eigenverantwortlich
sein. Das ist das Freiheitsverständnis, von dem wir geprägt sind. Aber können
wir das, was die Bibel zur Freiheit sagt, mit dem in Einklang bringen, was wir heute
unter Freiheit verstehen? Ob es uns bewusst ist oder nicht, wir sind vom säkularen
[
] Freiheitsverständnis geprägt. Damit sind wir bei der nächsten
Frage angekommen:
Was ist im Neuen Testament mit "Freiheit"
gemeint?
Paulus schreibt: "Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch
nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!" (Galater 5, 1)
Eine auffallende Doppelformulierung. Es hätte
doch ausgereicht zu schreiben: Christus hat euch befreit! Paulus hält es für
nötig zu betonen, dass das Befreiungshandeln Jesu auch wirklich in die Freiheit
führt. Nicht nur, dass wir Christen Menschen sind, die grundsätzlich befreit
wurden, sondern für uns ist ein Zustand bzw. eine Möglichkeit geschaffen,
die wir uns nicht mehr nehmen lassen sollen. Er betont, dass wir als Befreite leben
sollen, diese Freiheit also tatsächlich erleben und in ihr bleiben können
und sollen. Ihm geht es darum, die Freiheit, die Jesus erwirkt hat, festzuhalten und
sich nicht wieder durch irgendein Joch der Knechtschaft niederdrücken zu lassen,
damit wir in dieser Freiheit nicht wieder eingeschränkt und gehemmt oder blockiert
werden.
Ein Joch war eine Vorrichtung, in die ein Lasttier
oder ein Sklave eingespannt wurde und aus dem er von alleine nicht mehr herauskam.
Das Joch sollte die Tragfähigkeit erhöhen. Ein Joch ist das Zeichen des Frondienstes,
denn es drückt nieder und hindert einen am aufrechten Gang. Das Joch steht dafür,
dem Willen eines anderen Folge leisten zu müssen. Wer unter dem Joch stand, der
hatte keine andere Wahl. Paulus sagt sinngemäß: Ihr seid befreit worden,
aber nun achtet darauf, auch frei zu bleiben. Haltet an der Freiheit fest und lasst
sie euch nicht wieder rauben. Das Bild für die Freiheit ist der Zustand ohne Joch.
Das Joch bedeutet Abhängigkeit: nicht das tun können, was ich will, sondern
das tun müssen, was ein anderer will - nämlich derjenige, der mir dieses
Joch auferlegt hat. Freiheit wäre dann - wie nach heutigem Verständnis -
Unabhängigkeit und Ungebundensein. Aber hilft uns das wirklich weiter? Vor allem:
gibt es diesen Zustand überhaupt, ohne jegliches Joch nur das tun zu können,
was man selbst will? Kann Paulus das wirklich meinen? Und was ist mit dem Joch Jesu,
das wir auf uns nehmen sollen? "Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn
ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für
eure Seelen" (Matthäus 11,29).
Einige Verse später finden wir eine zweite Aussage
von Paulus über die Freiheit. Ein Vers, der so klingt, als wäre die Freiheit,
von der er so radikal und absolut gesprochen hatte, doch nicht so ernst gemeint. Ein
Vers, der wie eine Einschränkung, wie ein "Ja, aber
" klingt:
"Gott hat euch zur Freiheit berufen, Brüder! Aber missbraucht sie nicht als
Freibrief für Selbstsucht und Lieblosigkeit. Nehmt vielmehr in gegenseitiger Liebe
Rücksicht aufeinander" (Galater 5,13).
Schon ist es wieder vorbei mit der absoluten Freiheit!
"Ihr seid zwar frei, ABER
" War die erste Aussage also doch nicht so
ernst gemeint? Ist Freiheit in der Bibel eine Art Mogelpackung, die zwar verkündet,
aber eben nicht in aller Konsequenz gelebt werden soll? Handelt es sich beim biblischen
Freiheitsverständnis also nur um begrenzte Freiheit? Stellen wir uns noch einmal
ganz neu die Frage, was denn dann mit Freiheit gemeint ist.
Im Neuen Testament finden wir für Freiheit das
Wort eleuthería. Das Eigenschaftswort eleútheros -"frei" bedeutete
ursprünglich: "zum Volk gehörig".
Von eleuthería stammt unser deutsches Wort "Leute".
Leute sind diejenigen, die zum Volk gehören und somit "Freie" sind.
Der Gegenbegriff lautet: Sklaverei. Was machte das Sklaven-Dasein aus? Das Tragen eines
Jochs war ja nur ein äußeres Merkmal. Was einen Sklaven, am meisten kennzeichnete,
war seine Rechtlosigkeit. Er hatte keinen Status, kein Bürgerrecht. Er war sozusagen
ein Nichts. Ein Bürger, ein "Freier" konnte mit ihm umspringen, wie
er wollte, er gehörte nicht zum Volk und hatte darum keinen, der sich für
ihn einsetzte, nichts und niemanden, auf das oder den er sich im Bedarfsfall berufen
konnte - schon gar nicht die Volksgruppe, die ihm vergewisserte, dass er zu ihr gehörte.
Er stand im Zweifelsfall ganz alleine da - auf sich selbst zurückgeworfen und
damit ohne Fürsprecher, ohne Rückhalt und Unterstützung.
eleuthería - Freiheit, leitet sich also von
einem Begriff ab, der nicht Unabhängigkeit, sondern genau das Gegenteil, nämlich
Zugehörigkeit meint. Freiheit bedeutet ursprünglich also nicht, ungebunden,
unabhängig von anderen und auf sich selbst zurückgeworfen zu sein. "Freiheit"
bezeichnete ursprünglich genau das Gegenteil, nämlich: zu einem Volk zu gehören
und dadurch ein "Freier" zu sein. Uns ist gar nicht mehr bewusst, was es
bedeutet, Angehöriger eines Volkes zu sein, denn wir kennen die Alternative nicht.
Wer zum Volk gehörte, war jemand. Zugehörigkeit zu einem Volk bedeutet, ein
vollwertiger Bürger zu sein und darum einen Status, einen "Stand" in
einer Gesellschaft und damit Rechte (und Pflichten) zu haben.
Unfreiheit bedeutet: nicht dazuzugehören, ausgeschlossen
und auf sich allein gestellt zu sein. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Freien
(Bürger), der zum Volk gehört, und dem Sklaven (Rechtlosen) besteht im "Stand",
im Status, den sie haben. Wenn wir das auf die Freiheit, die für Christen gilt,
übertragen, heißt das: Die "herrliche Freiheit der Kinder Gottes",
von der Paulus so schwärmt (Römer 8,21), besteht in der Zugehörigkeit
zu Gott und zu seinem Volk! Wenn wir lesen, dass Gott uns befreit hat, so bedeutet
es, dass Gott uns zugehörig gemacht hat - zu sich als "unserem Gott"
- ja sogar unserem "Vater" und zu einander als Brüder und Schwestern,
als diejenigen, die mit ihm und damit auch miteinander auf dem Weg sind.
Wer an Jesus Christus glaubt, der ist Gottes Kind -
Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenosse. Der gehört zur Familie Gottes.
Das ist so, das ist Fakt - unabhängig von mir, denn es ruht in dem, was Jesus
für mich getan und erwirkt hat. Es ist so, weil Jesus diese Zugehörigkeit
anbietet und schenkt.
Zugehörigkeit ist nichts, was wir uns erst erkämpfen
oder verdienen müssen, sie ist Gnade, Geschenk. Gnade heißt, wir sind Gott
angenehm durch das, was Jesus für uns aus Liebe getan hat. Jesus hat uns damit
beschenkt, zu ihm und zu seinem Volk, zu seinen "Leuten" gehören zu
dürfen. Zunächst einmal völlig unabhängig von unserem Verhalten,
ja Paulus betont an anderer Stelle, dass er uns errettet (erlöst, befreit) und
damit zugehörig gemacht hat, als wir noch Gottes Gegner, seine "Feinde"
waren. Er hat uns zu sich gerufen, uns vergeben und sich uns zu eigen gemacht.
Christen sind "Leute Gottes" geworden, Bürger
in seinem Reich - seine Kinder - dazu hat Jesus uns gemacht. Dabei ist beides wichtig:
die Zugehörigkeit zu Gott und zu seinem Volk. Ich gehöre zu der Gemeinschaft
seiner Kinder, zur weltweiten Christenheit, weil Gott mich dahinein gerufen hat. Indem
ich dazu "Ja" sage, habe ich meinen Platz in seinem Reich, meine Aufgabe
darin und meinen Anteil daran. Unsere Mitchristen haben die Aufgabe, uns das zu bestätigen,
damit wir das glauben können. Darum lautet Gottes Gebot, dass wir als Christen
einander lieben und den anderen höher achten sollen als uns selbst. Merken wir,
wie anders dieses Freiheitsverständnis gegenüber unserem ist?
Die "göttliche Freiheit" ist also keine
"wenn
, dann
"-Freiheit (erst wenn ich so und so leben kann,
bin ich frei
; erst wenn ich das und das überwunden bzw. geschafft habe,
dann bin ich frei
) sondern eine "weil
, darum
"-Freiheit.
Weil Jesus mich befreit hat, darum bin ich frei. Weil ich gerufen und gemeint bin und
Jesus mir Gottes Einladung persönlich überbracht hat, darum kann ich dazugehören.
Zu Gott gehöre ich nicht dadurch, dass ich bestimmte Abhängigkeiten und Süchte
überwunden habe, sondern weil ich das Angebot Jesu angenommen habe und mir seine
Vergebung schenken ließ. Mein "ich will zu dir gehören", mein
"ich will frei werden" genügt, um meinen Stand des "Freien",
des Bürgers in Gottes Reich, zu erhalten. Ich habe sozusagen festen Boden unter
den Füßen, einen Status, um den ich nicht dauernd fürchten oder den
ich mühsam aufrechterhalten muss.
Wenn ich zu Gott gehöre, bin ich frei! Und den
Satz "Ich bin so frei
" kann ich auf zweierlei Art fortsetzen, nämlich
mit dem Wörtchen "von" und mit dem Wörtchen "zu".
Ich bin so frei
von ... Angst
Ich bin so frei
von ... Druck und Zwang
Ich bin so frei
von ... Schuld
Welche Folgen hat nun diese Freiheit? Und hier geht
es nun um das Wörtchen "zu"
.
Eine Gitarrensaite liegt neben der Gitarre und
freut sich über ihre Freiheit. "Ich lasse mich nicht einspannen, ich
will frei sein und entspannt. Ich werde mich nicht auf diese alte Gitarre spannen
lassen, womöglich noch neben die brummige Basssaite rechts und die eintönige
d-Saite links. Nein, ich will mein Leben genießen und mich entfalten. Ich
kann mich lustig zusammenrollen und in der Sonne ausruhen." Aber mit der Zeit
wurde es der Saite langweilig und öde. Immer so sinnlos daliegen. Die Saite
wurde in ihrer Freiheit immer einsamer und nutzloser. Unbeachtet und wenig sinnvoll
kam sich die Saite vor. Doch der Gitarrenspieler, der sein Instrument sehr liebte,
schaute auf die Saite und erkannte die heimliche Sehnsucht. Er spürte, wie
die Saite unter ihrer Bedeutungslosigkeit litt. Da sprach er ihr gut zu: "Wenn
du wüsstest, was für herrliche Musik in dir steckt!" Ganz behutsam
spannte er sie ein, immer ein wenig mehr, bis sie ihre Tonlage gefunden hatte.
Dann begann er zu spielen, und wunderbar klang die Musik in schöner Harmonie
mit all den anderen Saiten.
Was bedeutet es nun, Gott zugehörig zu sein? Welche
Folgen kann das in unserem Leben haben? Nachdem wir das "weil
" betrachtet
haben, wenden wir uns nun dem "darum
" zu, also dem, wozu diese Freiheit
führen kann. Welche Früchte kann diese Freiheit, wenn wir sie recht verstehen
und nutzen, in unserem Leben haben?
Wir alle kennen den Wert der Zugehörigkeit zu
unseren Familien oder Freunden. Ein Ort, wo man wer ist, ohne dafür etwas leisten
zu müssen, tut gut.
Das ist es, was Gott uns anbietet. Er will uns seiner
Zugehörigkeit vergewissern, damit wir als seine Kinder leben und als solche auftreten
können. "Ihr seid befreit, also lebt auch als Christen! Weil ihr um eure
Zugehörigkeit nicht furchten müsst, darum könnt ihr den Mut haben, auf
dem Boden dieser Zugehörigkeit als Kinder Gottes in dieser Welt aufzutreten."
Darauf läuft die ganze Heilsgeschichte hinaus: Gott will uns befreien, dass wir
als seine Kinder nach seinem Willen leben können. An seinem Werk mitwirken, sein
Reich mitbauen.
Wenn Jesus uns anbietet, ja einlädt unsere Lasten
auf ihn zu werfen und sein Joch auf uns zu nehmen, dann ist damit das Joch gemeint,
das er mit uns zusammen trägt. Er ist bereit, sich mit uns unter ein Joch zu spannen.
Wieder geht es um Zugehörigkeit. Die Freiheit der Kinder Gottes besteht darin,
nicht mehr allein die eigenen Lasten herumzuschleppen, sondern mit Jesus gemeinsam
sein Joch zu tragen. Darum ist das Joch sanft und die Last leicht (vgl. Matthäus
11,29.30).
Ich bin nicht allein - Ich habe "Geschwister",
es gibt Menschen, an die ich mich wenden kann. Ich habe nicht nur Gott als Gegenüber,
sondern Brüder und Schwestern um mich. Darum gibt es Gemeinden, die uns das vor
Augen führen, damit wir erleben, dass wir nicht allein sind.
Ich kann mich beteiligen - Weil ich nicht um meine
eigene Zugehörigkeit fürchten muss, weil ich meine Zeit nicht nur damit verbringen
muss, an meinem eigenen Heil zu basteln, kann ich mich für andere einsetzen. Weil
ich nicht alle Energie dafür aufbringen muss, um eines Tages selbst zu Gott gehören
zu dürfen, kann ich mich dafür einsetzen, dass andere ihn kennen lernen und
ebenso diese Zugehörigkeit annehmen können. Ich muss mich nicht nur um mich
selbst kümmern, ich kann mich der Dinge annehmen, die andere belasten und beschweren.
Ich habe die Hände frei für meine Nächsten. Ich kann das eigene Joch
abwerfen und freiwillig das Joch eines anderen mittragen, damit er darunter nicht zerbricht.
Weil ich um mein Seelenheil nicht mehr bangen muss, kann ich mich einsetzen für
andere. Wäre ich ständig damit beschäftigt, die eigene Erlösung
voranzutreiben, hätte ich dafür weder Zeit noch Kraft noch Blick. Weil diese
Erlösung schon da ist, kann ich auf andere zugehen und mich nach ihnen erkundigen,
sie bewusst im Blick behalten.
Ich kann mich was trauen, etwas wagen - Ich kann etwas
wagen, weil Jesus mir etwas zutraut und vor allem, weil er mich nicht allein lässt.
Ich muss nicht mehr fürchten, diese Zugehörigkeit wieder zu verlieren, weil
ich etwas falsch mache oder mir mal etwas daneben geht. Jesus traut mir mehr zu, als
ich denke.
Weil das so ist, kann ich es wagen, Fehler zu machen,
mich einzumischen - denn Fehler und Schuld stellen meine Zugehörigkeit zu Gott
nicht in Frage. Ist das nicht wunderbar? Hier strahlt die "herrliche Freiheit
der Kinder Gottes" auf! Plötzlich geht es nicht mehr um eine Forderung "Du
sollst dich nicht um dich selbst, sondern um andere kümmern", sondern um
eine Möglichkeit, zu der ich befreit bin, die Ausdruck meiner Freiheit ist. Es
geht nicht um ein neues Joch: "Wenn du dich um andere kümmerst, dann gehörst
du dazu und dann wird sich auch Gott um dich kümmern". Es geht darum, frei
zu werden und für andere da zu sein, weil für mich selbst gesorgt ist und
gesorgt wird.
Ich bin so frei
zu einer Beziehung zu Gott
Wir sind befreit, Gott kennen zu lernen, indem wir
auf Jesus schauen und an ihm sehen, wie der Vater im Himmel ist: "Wer mich sieht,
sieht den Vater" (Johannes 14,9). Wir haben die Freiheit, uns zu ihm zu bekennen,
nicht nur mit Worten, sondern auch, indem wir seinen Willen respektieren und in unserem
Leben zum Ausdruck bringen.
Ich bin so frei
zu Engagement
Weil ich die Hände frei habe und nicht andauernd
mit mir selbst beschäftigt sein muss, kann ich mich einbringen und für andere
und anderes da sein. Ich habe den Blick frei für meinen Nächsten
Ich bin so frei
zu Beziehung(en) zu Menschen
Freiheit im Sinne von Zugehörigkeit hat zwei Aspekte
bzw. Richtungen. Zugehörigkeit zu Gott und zu seinem Volk. Zuerst einmal zu unseren
Mitchristen, dann aber auch zu allen Menschen, denn sie sind alle Gottes geliebte Geschöpfe.
Das Kreuz symbolisiert mit seinen beiden Balken diese beiden Seiten. Der vertikale
Balken steht für die Beziehung zum himmlischen Vater. Er hat diesen Balken in
die Erde gerammt und ist damit auf uns zugegangen, damit der Weg zu ihm wieder frei
ist. An diesem Balken hängt der Querbalken, der für die Beziehung, die Zugehörigkeit
zueinander (zu anderen Menschen) steht. Dieser Balken hängt nicht in der Luft,
sondern hat seinen Halt, seinen Ausgangspunkt in der Beziehung jedes einzelnen zu Gott.
"Wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er
nicht sieht?" (1. Johannes 4,20).
Es ist Ausdruck meiner Freiheit, dass ich für
andere eintreten, z. B. für sie beten kann, dass ich ihnen Achtung und Respekt
entgegenbringe, eben weil ich anerkenne, dass sie Gottes geliebte Geschöpfe sind.
Das ist Gottes Wille. Ich kann sie segnen, sogar diejenigen, die gegen mich sind. Selbst
meinen Feinden kann ich Gutes wünschen als Ausdruck der Freiheit, zu der mich
Christus befreit hat. Weil Gott großzügig ist und mir versprochen hat alles
zu geben, was ich brauche, darum kann ich anderen Menschen Gutes gönnen. Darum
muss ich nicht sparsam sein in meinen Gaben. Ein Christ ist jemand, den Gott dazu bringen
kann, als Ausdruck seiner Freiheit andere zu segnen statt ihnen Böses zu wünschen.
Ich bin so frei
zu Verzicht
Verzichten kann Ausdruck von Freiheit sein. Verzichten
heißt nicht, dass mir nichts anderes übrig bleibt, weil ich ein Verlierer
bin und das, was ich will, sowieso nicht bekomme. Verzichten kann ich, weil ich vertraue,
das Entscheidende mir nicht selbst verschaffen zu müssen, sondern von Gott geschenkt
zu bekommen. Freiheit zum Verzicht - freiwillig etwas nicht nehmen, weil man nicht
alles haben muss. Verzichten kann Großzügigkeit bedeuten, weil ich anderen
etwas gönne. Freiwillig etwas loslassen, teilen lernen, weil ich andererseits
auch die Freiheit habe, von Gott zu erbitten und zu nehmen. Bei Gott dürfen wir
nehmen. Wir haben die Freiheit, neue Prioritäten zu setzen, wir haben die Freiheit
etwas anderes wichtiger zu nehmen als das, was sich uns bisher scheinbar automatisch
aufgedrängt hat...
All diese Aspekte (und es gibt noch viele mehr) erscheinen
hier nicht als Forderungen oder Ansprüche an uns, sondern sind möglicher
Ausdruck unserer Freiheit. Es kommt auf die innere Haltung an, in denen sie geschehen.
Martin Luther beginnt seine weltberühmte Schrift
"Von der Freiheit eines Christenmenschen" aus dem Jahr 1520 mit zwei Sätzen,
die scheinbar widersprüchlich sind. Der erste Satz lautet:
"Ein Christenmensch ist ein freier Herr über
alle Dinge und niemand untertan."
Hier ist die Rede von der "Freiheit von
",
hier ist die Rede von der Befreiung des Menschen aus Ungerechtigkeit und Fremdherrschaft,
aus Tyrannei und Versklavung. Die Freiheit von all dem, was andere uns aufzwingen und
erwarten.
Der zweite Satz allerdings scheint auf den ersten Blick
gar nicht zum ersten zu passen. Er lautet: "Ein Christenmensch ist ein dienstbarer
Knecht aller Dinge und jedermann untertan."
Schnell könnten wir nun wieder bei der Befürchtung
einer "Ja-aber-Freiheit", einer nur eingeschränkten Freiheit landen,
die nicht so ernst gemeint ist. Der zweite Satz gehört jedoch für Luther
dazu, weil er die "Freiheit zu
" betrifft. Nur beide Sätze zusammen
bilden ab, was Freiheit bedeutet nämlich beide Seiten einer Medaille. Weil ich
"niemand untertan" sein muss und Gott mich nicht zwangsweise unterwirft,
darum kann ich mich freiwillig anderen zur Verfügung stellen. Weil keiner das
Recht auf mich oder an mir hat, ich aber als Christ Gott zugehörig bin, darum
habe ich die Freiheit, anderen zu dienen, mich um sie zu kümmern. Für andere
da zu sein ist somit Ausdruck der Freiheit und spitzt sie zu bzw. macht sie lebendig,
statt sie einzuschränken, wie es auf den ersten Blick scheint. Mit einem Freiheitsverständnis
im Sinne von Unabhängigkeit können wir das nicht zusammenbringen. Wenn wir
aber zutiefst verstanden und verinnerlicht haben, dass Freiheit Zugehörigkeit
meint, dass Freiheit in erster Linie ein Beziehungswort ist, dann können wir Martin
Luther innerlich folgen und vielleicht sogar zustimmen
Die Kirchengemeinde
Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht eine gesegnete Woche!
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