Themenpredigt:
"Die Hoffnung stirbt zueletzt"
Es gilt das gesprochene Wort!
Was Werbung nicht alles verspricht
"Für Spaß, der lange anhält", "Keine Sorge, Volksfürsorge",
"Nichts ist unmöglich", "Heute ein König", "Das
neue Diadermin wirkt exzellent". Oft sind es doppeldeutige Aussagen: So wird man
glauben gemacht, wer ein "König" trinke, der könne auch das Gefühl
haben, "heute" ein König zu sein. Das Geräusch beim Trinken wird
nicht wie üblich "gluck, gluck" wiedergegeben, sondern "glück,
glück"; denn wenn man das betreffende Produkt trinkt, empfinde man Glück.
Die Toyota-Botschaft "Nichts ist unmöglich", die übrigens nicht
Toyota erfunden hat, sondern die von Jesus stammt (vgl. Matthäus 19,26; Markus
9,23; 10,27) könnte wie ein Kommentar zu vorherigen Spot sein, wo eine Schrottkarre
in die Waschanlage fährt und ein nagelneues Auto herauskommt.
Werbung weckt Hoffnungen. Was aber, wenn dein Auto
aus der Waschanlage zwar sauberer herauskommt, es aber eben kein neues ist? Was, wenn
dein "König" dich nicht zum König macht, sondern deine Sorgen um
deine Gesundheit, um deinen Arbeitsplatz nicht verschwinden? Was, wenn du trotz Diadermin
älter wirst und sich weder die Falten noch die grauen Haare aufhalten lassen?
Wer den Versprechen der Werbung Glauben schenkt, der wird regelmäßig enttäuscht
werden. Werbung lebt von geweckten Hoffnungen, die Enttäuschung wird dabei bewusst
in Kauf genommen.
Ich sagte ja bereits, dass der Toyota-Werbespruch von
Jesus stammt. Allerdings gibt es da auch einen ganz entscheidenden Unterschied: Jesus
bezieht diesen Satz nämlich auf den lebendigen Gott, und bei diesem ist nichts
unmöglich. An anderer Stelle bezieht er den Satz auf den Glauben, das unbedingte
Vertrauen auf Gott, und sagt: "Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt"
(Markus 9,23). Wenn irgendjemand sagen kann, dass ihm nichts unmöglich ist, dann
ist es Gott! Mit anderen Worten: Einem Autohersteller werden hier göttliche Eigenschaften
zugeschrieben. Man könnte darin, eine versteckte Gotteslästerung erkennen!
Wohlwollend könnte man freilich den Toyota-Werbespruch als hervorragenden Aufhänger
für ein Gespräch über den christlichen nutzen, nach dem Motto: "Nichts
ist unmöglich für Jesus".
Dinge oder Produkte können Hoffnungen wecken,
die enttäuscht werden. Menschen können Hoffnungen bei uns wecken, die enttäuscht
werden. Gott aber weckt keine unbegründeten Hoffnungen. Jesus ist vielmehr unsere
Hoffnung!
[ Lied: "Meine Hoffnung und meine Freude"
]
Welche Zuversicht spricht aus diesem Lied, und alles
wird allein auf Christus bezogen: meine Hoffnung, meine Freude, meine Stärke,
meine Licht, meine Zuversicht, alles ist Jesus Christus. Der griechische Philosoph
Epiktet (~50-138) sagte einmal: "Man darf das Schiff nicht an einen einzigen Anker
und das Leben nicht an eine einzige Hoffnung binden." Wie anders dieses Lied!
Hier wird alles auf eine Karte gesetzt. Dieses Lied orientiert sich nicht an dem heidnischen
Philosophen Epiktet, sondern am Wort Gottes, wo wir im Hebräerbrief aufgefordert
werden, "festzuhalten an der angebotenen Hoffnung. Diese haben wir als einen sicheren
und festen Anker unsrer Seele
" (Hebräer 6,18b.19a).
Ja, wie ein roter Faden zieht sich das Thema Hoffnung
durch die Bibel.
Doch wichtig ist, was damit gemeint ist. Denn so wie
das biblische Wort "glauben" immer wieder missverstanden wird im Sinne von
"vermuten", "meinen", "nicht wissen", so ist es auch
mit dem Wort Hoffnung.
In der Bibel ist Hoffnung nicht eine unsichere, unbestimmte
Zukunftserwartung (im Sinne des Sprichworts "Hoffen und Harren hält manchen
zum Narren"). Sie ist vielmehr der Ausdruck allergrößter Gewissheit.
Deshalb kann Paulus sagen: "Hoffnung lässt nicht zuschanden werden"
(Römer 5,5). Und statt "Hoffen und Harren hält manchen zum Narren"
sagt die Bibel das genaue Gegenteil, nämlich: "Die auf den Herrn harren,
kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen
und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden" (Jesaja 40,31).
Übrigens ist unser deutsches Wort "hoffen"
(mittelniederdeutsch "hopen", ähnlich dem englischen "hope")
mit unserem Wort "hüpfen" verwandt. Es bedeutet soviel wie "(vor
Erwartung) zappeln, aufgeregt herumhüpfen". Wer Kinder in den Tagen und Stunden
vor dem Heiligen Abend beobachtet, dem wird dieser Zusammenhang einsichtig sein.
[ Lied: "Meine Hoffnung und meine Freude"
]
Es war 1968. Wenige Monate nach dem gewaltsamen Einmarsch
sowjetischer Truppen fand in Prag ein volkstümliches Konzert statt. Nach mehreren
Darbietungen sang eine Sängerin in deutsch und tschechisch: "Morgen, morgen
lacht uns wieder das Glück". Eine Explosion der Begeisterung erfasste die
Menge. Man stand auf, stieg auf die Sitze, klatschte, sang mit. Es war, als wäre
ein Funke in ein Pulverfass gefallen, ein Hoffnungsfunke. Er riss die Menschen hin
mit elementarer Gewalt. All unser Sinnen und Trachten ist auf ein besseres Morgen ausgerichtet.
Hoffnung ist die Kraft des Lebens. Ohne Hoffnung kann man nicht sein. "Morgen
lacht uns wieder das Glück!" Lacht es uns wirklich?
Wir haben begonnen, das "Morgen", die Zukunft,
zu erforschen. Diese Forschungen entwerfen ein finsteres Bild: Überbevölkerung,
Welthungersnot, unerträgliche Umweltverschmutzung, globale Erwärmung, Rohstoffknappheit,
biologische Schäden menschlicher Erbmasse. All das sei zu erwarten, wenn wir so
unvernünftig weitermachen wie bisher. Das Problem liegt nicht in der Technik,
Wirtschaft, Planung etc. Übereinstimmend ist man der Meinung, dass das Problem
im Menschen selber liege. Darum kann - menschlich gesprochen - die Lösung der
Probleme nur in Veränderung unseres Verhaltens liegen.
Wenn wir die Bibel ernst nehmen, muss der "alte
Mensch" verwandelt werden. Mit "alter Mensch" ist nicht das Lebensalter
gemeint, sondern der eigensüchtige Mensch, er Gott nicht zu brauchen meint. Dieser
muss verwandelt werden in einen Menschen, der Gott von ganzem Herzen liebt und darum
auch seinen Nächsten wie sich selbst. So würden wir endlich verantwortlich
leben und handeln. Es ist im Neuen Testament allerdings nicht verheißen, dass
durch die Liebe die Welt allmählich verbessert würde, auch christliche Nächstenliebe
erneuert nicht die vergehende Welt, sondern ist Zeichen einer neuen Welt. Auf diese
neue Welt ist die Hoffnung der Christen gerichtet.
Neben den schlechten Zukunftsaussichten, die uns von
Futurologen gemacht werden, gibt es allerdings auch sehr optimistische Gedanken, z.
B. von Ernst Bloch. Er schließt sein großes Werk "Prinzip Hoffnung"
mit den Worten: "Die Wurzel der Geschichte (aber) ist der arbeitende, schaffende
Mensch. Hat er sich erfasst,... so entsteht in der Welt etwas, das allen in die
Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat!" Nach Bloch schaffen wir
uns also unsere Heimat, unser Paradies, selbst. Das ist "natürliche"
Hoffnung, die sich allein auf den Menschen stützt. Von dieser natürlichen,
allen Menschen mitgegebenen Hoffnung aber spricht die Bibel nicht. Sie sagt nicht einfach,
wir seien zur Hoffnung geboren. Sie sagt vielmehr von den Christen, dass diese zu einer
lebendigen Hoffnung wiedergeboren sind (1. Petrus 1,3).
[ Lied: "Meine Hoffnung und meine Freude"
]
Wenn es lebendige Hoffnung gibt, dann gibt es offensichtlich
auch tote Hoffnung. Es ist die Hoffnung des Menschen, der ohne Gott auszukommen meint.
Wiedergeburt zur lebendigen Hoffnung aber setzt voraus, dass der "alte Adam",
das alte menschliche Wesen, das ohne Gott lebt, stirbt. Von diesem Sterben ist auch
seine Hoffnung betroffen. Die lebendige Hoffnung gewinnt ihre Zuversicht nicht durch
den Glauben an den Menschen, sondern allein aus dem Glauben an Jesus Christus.
Was in den menschlichen Utopien nicht gesehen wird,
ist dieses: Die Hoffnung erfüllt sich nicht durch fortschrittliche Werke der Menschen,
sondern durch die eingreifende Tat Gottes. Es ist ja nicht nur Hoffnung in der Welt,
sondern auch Angst, Todesangst. Der Tod macht einen Strich durch alle kühnen menschlichen
Rechnungen. Christlicher Glaube weiß, dass unser aller Tod durch Jesus Christus
am Kreuz gestorben ist. Wer sich Jesus Christus im Glauben anvertraut, hat seinen Tod
bereits hinter sich: "Jesus lebt, nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben"
(EG 115,69). Eine Hoffnung, die am Kreuz Jesu vorübergeht, wird zur leeren Utopie.
Mit dem Menschen, der biologisch einmal ausstirbt, stirbt auch eine Hoffnung aus. Am
Kreuz aber ist der Tod besiegt. Auferstehungskraft war da plötzlich am Werk, zersprengte
das Grab, holte den Gekreuzigten lebend hervor. Auferstehungskraft wird denen zuteil,
die sich ihm verschreiben, ihm glauben und vertrauen. Sie wissen, dass sie nicht im
Tod bleiben und dass Jesus Christus wiederkommt.
Davon spricht ein Text, der mir zum ersten Mal in einem
evangelischen Kloster begegnete: "Seid ohne Furcht! Selbst wenn eines Tages die
Kraft der Atome den kreisenden Erdball zersprengen sollte, dann wird sie doch nichts
sein gegen jene Gewalt, die den Stein vom Grab hinwegwälzte. Jesus Christus hat
ein für alle Mal den Tod besiegt, alles Grauen währt nur bis zum dritten
Tag und jede Vernichtung ist eingeschlossen in seine und unsere Auferstehung."
Jesus hat Zeichen genannt, die seiner Wiederkunft vorausgehen
(vgl. Matthäus 24). Auf die Zeichen gilt es zu achten. Dabei soll uns nicht apokalyptische
Sensationslust leiten, sondern die Wachsamkeit des Glaubens, der Gottes Wort im Auge
hat und gleichzeitig die Welt im Blick.
[ Lied: "Meine Hoffnung und meine Freude"
]
Wer lebendige Hoffnung hat, darf sein Leben auf ein
schönes, großes Ziel ausgerichtet wissen. Das bloß Vergängliche
verliert damit vieles von seiner letzten Aufdringlichkeit. Wenn alles Irdische vorläufig
ist, kann man auch im Alltag um dieser Dinge willen nicht mehr so ganz fanatisch, verbohrt
und versessen sein. Man erlebt als Hoffender etwas von der Freiheit, jenes "Haben
als hätte man nicht" (vgl. 1. Korinther 7,29ff). Man kann gelassen sein in
allem, was über einen kommt. Auch schwere, dunkle Stunden sind dann lediglich
Schritte auf einem Weg, der in das Licht führt. Ist die Zukunft erfreulich, kann
ich mich jetzt schon, in meiner Gegenwart, der Zukunft freuen. Ist das Morgen aber
dunkel, wirft es seine Schatten schon auf das Heute.
Hoffnungslosigkeit hat im endgültigen Sinne nichts,
was sich ruhig und erwartungsfroh ins Auge fassen lässt. Sie äußert
sich darum bisweilen in einer seltsamen Gier nach Vergänglichem, weil dieses als
das Höchste im Leben angesehen werden muss. Das hat Auswirkungen auf den Alltag.
Da fehlt oft die Gelassenheit, die Heiterkeit, der Abstand. Kleine Dinge bekommen leicht
einen unverhältnismäßig hohen Rang (die Beule am Kotflügel verbeult
die Seele gleich mit). Hoffende Menschen verachten nicht das Irdische, aber sie haben
eine Distanz dazu, weil sie auf den Ewigen schauen. Der aber kommt auf uns zu.
Wer weiß, dass seine Zukunft Jesus Christus heißt,
wer weiß, dass Jesus Christus ihn schon erwartet in der ganz anderen Welt, der
neuen Welt Gottes, der hat eine lebendige Hoffnung.
[ Lied: "Meine Hoffnung und meine Freude"
]
Ein alter Mann pflanzte ein Apfelbäumchen. Da
lachten die Leute und sagten zu ihm: "Warum pflanzt du dieses Bäumchen? Viele
Jahre werden vergehen, bis es Früchte trägt, und du selbst wirst von diesem
Bäumchen keine Äpfel mehr essen können." Da antwortete der Alte:
"Ich selbst werde keine ernten, aber wenn nach vielen Jahren andere die Äpfel
von diesem Baum essen, werden sie mir dankbar sein."
Das Pflanzen eines Baumes oder das Setzen einer Blumenzwiebel
zeigt, was Hoffnung bedeutet, und zwar in mehrfacher Hinsicht:
Eine Blumenzwiebel schaut nicht schön aus, nichts
an ihr weist darauf hin, dass daraus eine wunderschöne rote, gelbe oder weiße
Blume werden könnte mit grünen Stielen und Blättern
Ein Zweites: Ich muss etwas von mir weggeben. Wenn
ich die Blumenzwiebel für mich behalte, sie irgendwo aufbewahre, weil ich sie
schonen will, dann kommt sie nie dazu, den Zweck ihres Daseins zu erfüllen. Denn
aus einer Blumenzwiebel kann noch viel mehr, etwas viel Schöneres werden.
Und wenn ich die Blumenzwiebel in die Erde stecke,
dann sehe ich erst einmal nichts mehr davon. Und dennoch hoffe ich fest, dass aus dieser
Blumenzwiebel nach Monaten, wenn der Winter vorbei ist, eine wunderschöne Blume
wächst.
So ist es auch mit unserer Hoffnung als Christen.
Um Rübezahl, den sagenhaften Berggeist des Riesengebirges,
ranken sich viele Legenden. Er neckt die Wanderer, führt sie in die Irre, wenn
sie ihn ärgern, oder beschenkt sie, wenn sie ihn um Hilfe bitten. Und vor allem
hütet er die riesigen Bergschätze.
Eine Sage erzählt, dass ihn eines Tages zwei arme
Wanderer um eine milde Gabe bitten. Rübezahl gibt jedem von ihnen einen einfachen
Stock. Der eine Wanderer verachtet das offensichtlich wertlose Geschenk, spottet über
Rübezahl und wirft den Stock ärgerlich weg. Der andere behält ihn im
Vertrauen darauf, dass er irgendeine Bedeutung und einen Wert hat. Bald darauf verwandelt
sich der einfache Stock in pures Gold, macht den armen Wanderer reich und belohnt sein
Vertrauen.
Gott hat uns viel verheißen und auf unsere Bitten
hin uns manches anvertraut. Den Menschen scheint es bisweilen als wertloses Holz und
sie werfen die Hoffnung fort. Aber das Vertrauen wird belohnt, die Verheißungen
verwandeln sich dem Glaubenden in reiche Erfüllung und Belohnung. Hoffnung wird
dann Vollendung sein.
Ich schließe mit einem Gedicht von Martin Luther
King (1929-1968):
"Komme, was mag! Gott ist mächtig! Wenn unsere
Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte,
so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine große segnende Kraft
gibt, die Gott heißt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will
das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln - zuletzt in den leuchtenden Morgen
der Ewigkeit. Amen.
Die Kirchengemeinde
Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht einen gesegneten Sonntag!
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