Themenpredigt: "Unterwegs
mit
"
Es gilt das gesprochene Wort!
"Wo gehen wir hin?" "Weiß nicht,
wo gehen wir hin?" Ja, das ist schon eine wichtige Frage. Mich erinnert dieser
"Kreislauf" an das Ponyreiten, das auf Volksfesten für Kinder angeboten
wird. Da sind die vier, fünf Ponys, auf denen die Kinder im Kreis reiten, und
dann ist da noch der Mitarbeiter, der den ganzen Tag in der Mitte der "Manege"
von gerade mal vier Metern Durchmesser steht und mit der Peitsche Runde um Runde die
Ponys antreibt und wieder zum Stillstand bringt, den ganzen Tag, von früh bis
abends, von Volksfest zu Volksfest, das ganze Jahr, Jahrzehnte, das ganze Leben. Der
arme Mensch ist sicher noch mehr zu bedauern als die Tiere, denen es ja nicht so viel
ausmacht, im Kreis zu laufen. Ob es aber die Bestimmung von uns Menschen ist, nur im
Kreis zu laufen
- da sind doch Zweifel angebracht. Christian Morgenstern (1871-1914)
dichtete einmal: "Wer vom Ziel nichts weiß, kann den Weg nicht haben, muss
im selben Kreis all sein Leben traben."
Unser Leben besteht aus Bewegung. Stillstand ist nicht
der Normalfall. Nicht zufällig ist eine Pause auch dem Wortsinn nach eine Unterbrechung
des Üblichen; das griechische paúesthai bedeutet "aufhören, unterbrechen".
Niemand käme auf die Idee, die Pause, also Ruhe und Stillstand als das Eigentliche
zu sehen, die lediglich gelegentlich von Bewegung unterbrochen wird. Leben ist Bewegung.
Wenn Bewegung ausfällt, dann empfinden wir das als Mangel, der möglichst
schnell wieder beseitigt werden muss. Leben heißt Bewegung, und Leben heißt
"Unterwegs sein".
Nun haben wir an unserem Anspiel gesehen, dass Bewegung
an sich noch nichts darüber aussagt, ob sie auch sinnvoll ist. Unterwegs waren
die sechs ja schon, keine Frage. Und doch: Man kann sich stundenlang bewegen und unterwegs
sein und doch nicht vorwärts gehen, sondern immer nur im Kreis. Man kann darüber
streiten, wer vorne geht und wer hinten - ohne dabei zu merken, dass es in einem Kreis
kein "Vorne" und "Hinten" gibt. Auch die modern klingenden Begriffe
"zukunftsorientiert, fortschrittlich, innovativ" hören sich zwar schön
an, sind aber nichts als hohle Phrasen, weil kein Fortschritt zu erkennen ist, was
auch einer mit dem Satz: "Ja, es wäre schon gut zu wissen, wohin wir fortschreiten!"
recht treffend kommentiert.
Wir merken, Bewegung allein ist noch nicht alles. Bewegung
muss eine Richtung haben und ein Ziel, wenn etwas dabei herauskommen soll: Wohin bin
ich unterwegs? Wo bin ich unterwegs? Es muss der richtige Weg sein, auf dem ich gehe.
Außerdem muss ich mir die Frage stellen: Mit wem bin ich unterwegs? Und: Mit
was bin ich unterwegs? Das ist zwar kein gutes Deutsch. Stilsicher muss die Frage lauten
"Womit bin ich unterwegs?" Aber es besagt das Gleiche. Wollen wir uns diese
Fragen einmal näher anschauen:
Zunächst die Frage nach der Richtung und dem Ziel:
Wohin bin ich unterwegs?
Gott sagt uns in seinem Wort, dass er selbst das Ziel
ist. Das, was man gemeinhin das "ewige Leben" nennt, die Ewigkeit in der
Gemeinschaft mit Gott verbringen. Auf die Ewigkeit hin orientiert sein.
Zukunftsorientiert unterwegs zu sein, das ist eine
gute Einstellung. Aber nur, wenn ich weiß, was "Zukunft" bedeutet.
Unser deutsches Wort "Zukunft" heißt ja eigentlich, "wer oder
was auf uns zu-kommt". Und während die Zukunftsforscher ihre Prognosen immer
nur mit gewissen Wahrscheinlichkeiten stellen können (das Wort "Pro-gnose"
ist dabei ziemlich irreführend, denn es bedeutet eigentlich "Vorher-Wissen"),
steht eines ganz sicher fest. Jesus wird wiederkommen, er wird zum zweiten Mal auf
diese Erde kommen und sein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit aufrichten, dann
werden die, die zu ihm gehören, ewig mit ihm verbunden sein.
Das ist die Zukunft, nämlich der auf uns zukommende,
der wiederkommende Herr. Und dieses Ziel bestimmt dann auch mein Leben hier. Sich bereit
machen für diesen großen Tag, daran erinnert uns auch der Apostel Petrus,
der in seinem ersten Brief schreibt: "Darum seid bereit und stellt euch ganz und
gar auf das Ziel eures Glaubens ein. Lasst euch nichts vormachen, seid nüchtern
und richtet all eure Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit, die er euch in vollem Ausmaß
an dem Tag erweisen wird, wenn Jesus Christus für alle sichtbar kommt" (1.
Petrus 1,13 HfA).
Und wenn wir dieses herrliche, großartige Ziel
klar vor Augen haben, dann dürfen wir es hier schon erleben, dass Gott da ist,
dass er unser Leben bestimmt. So, wie wir vorhin gesungen haben: "Auf allen unsern
Wegen kommt er uns entgegen". Das Ziel ist die Ewigkeit, die nie mehr endende
Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott.
Und dieses Ziel ist zu erreichen, es liegt nicht irgendwo
im Nebel. Unser Lebensweg gleicht keinem Irrgarten, sondern eher einem Labyrinth. Ihr
kennt den Unterschied?! In einem Irrgarten führen, streng genommen, alle Wege
in die Irre, es gibt keinen Weg, der zum Ziel führt. In einem Irrgarten führt
einzig und allein der Weg zurück wieder heraus. Ein Labyrinth ist das Gegenteil
eines Irrgartens. Da gibt es auch Wege, die einfach enden, Sackgassen, auch Wegeschleifen.
Aber es gibt einen Weg, der zum Ziel führt. Manche unserer Lebenswege enden in
Sackgassen. Auch "Holzwege" sind manchmal unvermeidlich. Woher kommt eigentlich
das Wort Holzweg? Ein Holzweg ist ein zur Bewirtschaftung des Waldes vorübergehend
oder dauerhaft angelegter Weg. Zum Abtransport gefällter Bäume werden Schneisen
in den Wald geschlagen. Eine solche Schneise, der Holzweg, kann irrtümlich als
normaler Wald-, Verbindungs- oder Wanderweg angesehen werden, zumal Holzwege zur besseren
Befahrbarkeit durch Pferdefuhrwerke (früher) oder Holztransporter (heute) teilweise
planiert oder befestigt sind. Im Gegensatz zu regulären Wegen endet ein Holzweg
jedoch unvermittelt im Gehölz oder an einem Holzplatz und führt sonst zu
keinem Ziel. Auch ein Labyrinth hat viele Wege, doch nur einer führt zum Ziel.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir ohne unnötig viele Umwege und Holzwege auf
dem Weg zum Ziel sind.
Und von diesem Ziel her ist auch die Richtung bestimmt.
Die Richtung nämlich gibt uns Jesus Christus vor. Er, der von sich sagt: "Ich
bin der Weg und die Wahrheit und das Leben" (Johannes 14,6), der wird uns auch
durch dieses Leben führen, uns den Weg zeigen, den wir gehen sollen: "Ich
will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst; ich will dich mit
meinen Augen leiten" (Psalm 32,8).
Die ganze Bibel handelt vom Unterwegs-Sein. Wenn wir
nur an das Alte Testament denken, da ist es überdeutlich, dass das Volk Gottes
unterwegs ist. Mit Fug und Recht kann man vom wandernden Gottesvolk sprechen. Aber
dieses Unterwegs-Sein war kein beliebiges, ziel- und planloses. Nein, Gott selbst hat
sein Volk geführt. Durch die Wolkensäule bei Tag und durch die Feuersäule
bei Nacht hat er seinem Volk den Weg gewiesen: "Während der Wanderung ging
der HERR tagsüber in einer Wolkensäule vor ihnen her, um ihnen den Weg zu
zeigen, und nachts in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten. So konnten sie Tag
und Nacht unterwegs sein. Jeden Tag war die Wolkensäule an der Spitze des Zuges
und jede Nacht die Feuersäule" (2. Mose 13,21f GNB). Gott hat sich dabei
immer wieder auch bestimmter Menschen bedient, die er besonders dafür ausgerüstet
hat, Mose zum Beispiel. Aber letztlich war er es, der das Volk führte. Und im
Neuen Testament können wir dasselbe beobachten. Da ist es Jesus Christus, der
die Seinen führt und leitet. Christsein bedeutet Nachfolge von Jesus Christus.
Auf Flughäfen gibt es die meist schwarz-gelb karierten Kleinbusse, Lotsenfahrzeuge,
die Flugzeugen auf dem Flughafen vorausfahren und ihnen somit den Weg zur Startbahn
bzw. zum Flughafengebäude weist. Sie tragen die Aufschrift "Follow me!".
Genau das sagt auch Jesus: "Folge mir nach!" und er lotst uns durch unser
Leben.
Und damit sind wir schon bei der zweiten Überlegung.
Nämlich: Mit wem bin ich unterwegs? Gott ist mit uns unterwegs. Schade nur, dass
viele das gar nicht merken oder auch nicht wahrhaben wollen. Ganz dezent leitet er
uns Menschen durch das Leben, ganz und gar unaufdringlich. Er lässt uns die Freiheit,
auch andere Wege zu gehen. Das freilich ist alles andere als klug. Denn wenn da jemand
ist, der den Weg ganz genau kennt, dann ist es doch wirklich dumm, zu meinen man wüsste
es besser. Unter uns Menschen kann schon mal eine Diskussion darüber aufkommen,
wer den Weg besser kennt, und mancher Autofahrer oder Beifahrer kann wohl ein Lied
davon singen. Wer mit einem Navigationsgerät unterwegs ist, wird hin und wieder
auch einmal daran zweifeln, ob der Weg, den dieses Gerät vorgibt, auch tatsächlich
der beste ist. Wenn es um Gott geht, um Jesus Christus, der uns führen und leiten
will, dann sind freilich solche Zweifel völlig fehl am Platz. Denn wer, wenn nicht
Gott, der uns geschaffen hat, der einen Plan für mein Leben hat
Wer, wenn
nicht Gott könnte uns gut durchs Leben führen und uns den richtigen Weg zeigen?
Wir dürfen Jesus, der ja mit uns geht, ganz konkret
darum bitten, dass er uns bei Entscheidungen hilft, den richtigen Weg zu gehen. Manchmal
kann es gut sein, den Rat von erfahrenen Christen zu hören. Freilich, die Entscheidung
können sie uns nicht abnehmen, die müssen wir in jedem Fall selber treffen.
Aber das Schöne ist doch: Es gibt noch viele Menschen, die auf das gleiche Ziel
hin und in die gleiche Richtung mit mir unterwegs sind. Wie gut, dass ich nicht nur
einen unsichtbaren Wegbegleiter habe, sondern viele, die ich sehen kann, mit denen
ich reden, mich austauschen kann, die für mich beten und mich segnen können!
Liedeinspielung: "Dieser Weg" (Xavier Naidoo)
Wo bin ich unterwegs? Nicht immer kann ich mir aussuchen,
auf welchem Weg ich gehe. Nicht nur im deutschen Sommermärchen von 2006, sondern
auch in unserem Leben kann der Liedtext zutreffen: "Dieser Weg wird kein leichter
sein, dieser Weg wird steinig und schwer". Steinige und schwere Wege, sie gehören
zu unserem Leben. Wenn etwas geschieht, was uns aus der Bahn wirft: Krankheit, Leid
und Schmerz, Abschied und Trauer im eigenen Leben oder in unserem Umfeld. Dieser Weg
wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer. Doch mit Jesus an der
Seite, mit Jesus, der uns voran geht, kann der Weg auch noch so steinig und schwer
sein, er hilft uns dabei, den Weg zu gehen. Es gibt keinen Weg, und sei er noch so
steinig und schwer, noch so dunkel und unübersichtlich, den er nicht kennen würde,
ja den er sogar selbst gegangen ist. Dietrich Bonhoeffer schrieb einmal: "Gottes
Wege sind Wege, die er selbst gegangen ist und die wir nun mit ihm gehen sollen."
Gehen dürfen, so könnte man auch sagen. Wie tröstlich ist das doch,
dass wir nicht allein unterwegs sind und Jesus keiner unserer Wege fremd ist!
Schließlich noch die Frage: Mit was bin ich unterwegs?
bzw. Womit bin ich unterwegs?
Jeder, der schon einmal eine größere Wanderung
oder Tour gemacht hat, der weiß, was das Gepäck ausmacht. Es ist eben ein
Riesenunterschied, ob ich mit leichtem Gepäck unterwegs bin oder einen halben
Zentner mit mir herumschleppe. Manchmal sieht man ja Schulkinder, bei denen der Schulranzen
fast schwerer ist als sie selbst.
Auf unserem Lebensweg sind wir selten ohne Gepäck
unterwegs. Irgendetwas haben wir immer dabei. Probleme, für die wir keine Lösung
wissen. Sorgen, die uns über den Kopf zu wachsen drohen. Ängste, die uns
gefangennehmen wollen. Arbeit, die über unsere Kräfte geht. Aber auch die
Schuld, die wir mit uns herumschleppen. Schuldig werden wir immer wieder an uns selbst.
Schuldig werden wir an unseren Mitmenschen. Schuldig werden wir immer auch vor Gott.
Das alles sind Lasten, an denen wir schwer zu schleppen haben. Lasten, die uns herunterdrücken.
Oft so tief, dass wir den Weg nicht mehr sehen, sondern nur noch unsere eigenen Füße.
Den Blick frei zum Himmel zu erheben ist dann erst recht nicht mehr möglich.
Doch Jesus ist gekommen, uns unsere Schuld abzunehmen.
Er nahm sie auf sich, als er am Kreuz starb. Er ist "das Lamm Gottes, das der
Welt Sünde trägt" (Johannes 1,29). Oder, wie es im 1. Johannesbrief
heißt: "Christus hat unsere Sünden, ja, die Sünden der ganzen
Welt auf sich genommen
" (1. Johannes 2,2 HfA). Und das gilt für alle
Sünden, für die Sünden der Vergangenheit, aber auch für die der
Gegenwart. Auch heute dürfen wir alle unsere Schuld und Sünde unter seinem
Kreuz ablegen. Denn genau dafür ist Christus gestorben, damit Schuld und Sünde
uns nicht weiter zu belasten brauchen, sondern wir sie los sind. Wir werden frei von
unserer Schuld und können von ihr auch nicht mehr heruntergedrückt werden.
Und damit bekommen wir auch wieder unseren Blick frei für den Weg, auf dem wir
gehen, den Blick auch frei für Gott. Und, was auch wichtig ist, wir bekommen den
Blick frei für andere, die auch Lasten mit sich herumschleppen. Wir können
diese Lasten mittragen, weil wir uns von Gott getragen wissen. Und wir können
anderen den Weg zum Loswerden der Schuld zeigen: nämlich das Kreuz Jesu Christi
Ich lade dich ein
Die Kirchengemeinde
Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht einen gesegneten Sonntag!
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