
Themenpredigt: "Lass
die Seele einmal baumeln!"

Es gilt das gesprochene Wort!

In der Schule gibt's die "große Pause".
"Pause", das kommt von dem griechischen Wort paÀesqai [paúesthai],
was "aufhören, unterbrechen" bedeutet. Es bedeutet übrigens dasselbe
wie das hebräische tbH [schabat], was außerdem noch "ruhen, feiern"
bedeuten kann. Wir kennen es von dem Fremdwort Sabbat. Martin Luther hat dieses Wort
im dritten Gebot im Kleinen Katechismus einfach durch "Feiertag" wiedergegeben:
"Du sollst den Feiertag heiligen!", wörtlich heißt es ja in der
Bibel: "Gedenke des Sabbats, dass du ihn heiligest" (2. Mose 20,8).
Neben den kleinen Pausen im Leben braucht es immer
auch die großen Pausen: die große Pause im Verlauf des Tages (das ist die
Ruhe der Nacht), die große Pause im Verlauf der Woche (das ist der Sonntag).
Und schließlich brauchen wir auch eine Pause im Verlauf eines Jahres (den Urlaub),
wenn wir nicht wie eine Maschine heißlaufen und schließlich im wahrsten
Sinne des Wortes ausgebrannt sein wollen. Denn ausgebrannte Menschen geben keine Wärme
mehr, weder für sich noch für ihre Mitmenschen.
Bereits bei den Griechen in der Antike wurde zwischen
Arbeit und Freizeit unterschieden. Die höheren Schichten der griechischen Gesellschaft
mussten dank ihrer Sklaven keine körperliche Arbeit verrichten und konnten daher
durch Lernen, Nachdenken und Gespräche Wissen und Weisheit erlangen. Aber selbst
die Sklaven und die Unterschicht verfügten über freie Zeit, die sie an ca.
60 Tagen im Jahr bei Olympischen Spielen oder anderen Festen verbrachten. Für
alle Griechen galt, dass Freizeit nicht individuell genutzt werden konnte, sondern
im öffentlichen Interesse zum Wohl des Staates lag. Ähnliche Ansichten vertraten
die Römer.
Dem Theologen, Philosophen und Pädagogen Johann
Amos Comenius (1592-1670), von dem zwei Texte auch in unserem Gesangbuch stehen (EG
266 ZT, EG 833), haben die Schüler übrigens die Pause zu verdanken. Er beschäftigte
sich mit dem Begriff Freizeit und forderte Erholungspausen zwischen der täglichen
Schularbeit.
Gewöhnlich nüchterne Menschen kommen ins
Schwärmen, wenn es um den Urlaub geht: "der Sonntag des Jahres", "das
mehrwöchige Fest", "eine Oase in der Wüste", "eine Insel".
Freilich, für nicht wenige Menschen wurde Freizeit und Urlaub zum Raum des "eigentlichen"
Lebens, während sie in Arbeit und Beruf nur noch ein "Mittel zum Zweck"
sehen. Da ist dann auch etwas verschoben.
Die meisten von euch haben den Urlaub noch vor sich.
Die Vorfreude ist ja bekanntlich eine besonders schöne Freude. Man hat eben alles
noch vor sich, jetzt kann man die Weichen noch stellen für diese Tage und Wochen.
Urlaub kann vieles bedeuten und manches bringen:
Zeit für Erlebnisse: Du wirst neue Eindrücke
sammeln. Es gibt niemanden, der im Urlaub nichts erlebt. Man muss nur die Augen und
Ohren aufmachen.
Zeit für Begegnungen: Du wirst wieder einmal diese
schlichte Wahrheit erfahren: Die wesentlichen Dinge kommen nicht aus uns selbst, sondern
auf uns zu.
Zeit zum Lesen: schon vor längerer Zeit hast du
dir ein Buch besorgt, das du unbedingt lesen wollen, aber du bist noch nicht dazugekommen.
Jetzt hast du die Zeit dafür.
Zeit zur Entspannung: nur wenn du dich innerlich einmal
so richtig fallen lässt, kannst du erfahren, dass du getragen wirst.
Dabei kann Urlaub natürlich höchst unterschiedlich
gestaltet werden.
[ Anspielszene ]
Der Begriff "Urlaub" kommt nicht ein einziges
Mal in der Bibel vor. Aber das muss gar nichts heißen. Es gibt andere Wörter,
die auch nicht in der Bibel vorkommen: "Seelsorge", "Familie",
"Geburtstag", "Weihnachten" u. v. a. - trotzdem kämen wir
nicht auf die Idee, diesen Begriffen mit Misstrauen zu begegnen.
Trotzdem mag das Fehlen der Wörter "Urlaub"
und "Freizeit" in der Bibel ein Grund sein, warum speziell fromme Menschen
echte Schwierigkeiten haben, mal ganz bewusst Pause zu machen. Sie fürchten sich
vor den vermeintlichen oder tatsächlichen Gefahren des Müßiggangs und
halten es deshalb eher mit dem zweifellos vielfach bewährten benediktinischen
Grundsatz "ora et labora", sprich: "bete und arbeite".
Aber kein Mensch kann immer nur beten und arbeiten.
Dieses Bewusstsein war in allen menschlichen Kulturen vorhanden.
Und wenn wir in die Bibel schauen
? Dann dürfen
wir uns nicht auf bestimmte Wörter fixieren. Das kann immer gefährlich sein,
wenn man aus dem bloßen Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Wortes in
der Bibel folgenschwere Schlüsse zieht.
Denn das, was mit den Worten "Freizeit" oder
"Urlaub" gemeint ist, kommt sehr wohl in der Bibel vor. Und vor allem, es
bekommt eine ganz eigene Qualität!
Da ist vor allem das Stichwort "Ruhe" zu
nennen, das rund 170-mal als Hauptwort und als Zeitwort und in der Bibel vorkommt und
ganz eng mit dem Wort "Frieden" zusammenhängt. Nachdem Gott seine Schöpfung
vollendet hat, ruhte er: "Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke,
die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht
hatte" (1. Mose 2,2). Und genau mit diesem Ruhen Gottes begründet Gott selbst
das Sabbatgebot: "Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst
du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn,
deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun
Denn in sechs Tagen hat der Herr
Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten
Tage. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn" (2. Mose 20,8-11).
Die Ruhe ist das Ziel Gottes mit seinen Menschen. Denn dass der Mensch "im Schweiße
seines Angesichts" arbeiten muss, ist eine Folge des Sündenfalls (vgl. 1.
Mose 3,19).
Nicht zur Ruhe kommen können, das ist eine Strafe
Gottes, wie wir es in Psalm 95 sehen: "Verstocket euer Herz nicht
wie
in der Wüste, wo mich eure Väter versuchten und prüften und hatten doch
mein Werk gesehen. Vierzig Jahre war dies Volk mir zuwider, dass ich sprach: Es sind
Leute, deren Herz immer den Irrweg will und die meine Wege nicht lernen wollen, sodass
ich schwor in meinem Zorn: Sie sollen nicht zu meiner Ruhe kommen" (V. 8-11).
Im Markus-Evangelium lesen wir: "Er [Jesus] sprach
zu ihnen [seinen Jüngern]: Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruht
ein wenig. Denn es waren viele, die kamen und gingen, und sie hatten nicht Zeit genug
zum Essen" (Markus 6,31). "Ruht ein wenig!" Wie befreiend ist das, dass
wir ruhen dürfen ohne schlechtes Gewissen.
Wie gut, dass Jesus uns das Angebot der Ruhe weiter
macht! Er lädt uns ein zur Ruhe, aber zu einer Ruhe, die nicht leer ist. Er ruft
uns zu: "Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last
leidet! Ich werde euch Frieden geben" (Matthäus 11,28).
Das klingt wie Worte aus einer anderen Welt. Und genau
das sind diese Worte auch. Worte vom Himmel, himmlische Worte. Weil Jesus sie ausspricht,
darum ist auf sie Verlass. Kein leeres Gerede, keine hohlen Phrasen. Nein, Worte des
Lebens. Worte zum Aufatmen.
"Ich will euch erquicken", so kennen wir
diesen Vers aus der Lutherbibel. Ein altes Wort, ein schwieriges Wort. "Erquicken",
das sagt doch heute kein Mensch. Wir kennen diese Silbe "quick" höchstens
in dem Wort "quicklebendig" ... Dabei ist das Wort, das Jesus hier sagt,
gar nicht so schwierig. Im Griechischen steht hier napaÀsw [anapaúsoo].
Das hört sich wie "Pause" an. Und genau das heißt es auch: napaÀsw
[anapaúsoo] heißt "ich will euch eine Pause geben" oder "ich
will euch Ruhe gewähren".
Bei Jesus finden wir Ruhe für unsere Seele. Erfüllte
Ruhe. Ruhe, die uns gut tut.
An diese Ruhe denkt auch der christliche Liedermacher
Albert Frey, dessen Lied "In deiner Gegenwart" wir vorhin gesungen haben,
wo es heißt: "In deiner Gegenwart kommt mein Herz zur Ruhe
in deiner
Gegenwart zählt nicht mehr, was ich tue, in deiner Gegenwart zählt nur noch,
was ich bin
in deiner Gegenwart entspannt sich meine Seele
und du sprichst
zu mir die Worte, die so gut tun: willkommen im Land der Ruhe
" Solche Ruhe
gibt es in allen Oasen des Alltags, aber nicht zuletzt ist auch der Urlaub dafür
eine besondere Chance.
Albert Frey hat an Worte aus dem Hebräerbrief
gedacht, als er sein Lied schrieb. Für die, die an Jesus glauben, ist nämlich
himmlische, göttliche Ruhe auch das Ziel, auf das sie zugehen. Nicht zufällig
wird ja in der Bibel das ewige Leben, die ewige Gemeinschaft mit Gott, als "Ruhe"
bezeichnet: "Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes"
(Hebräer 4,9).
Damit soll nicht gesagt werden, dass es im Himmel langweilig
wäre. Zur Ruhe kommen bei Gott, das heißt: im völligen Frieden mit
Gott, mit mir und meinen Mitmenschen leben, die Geborgenheit und Wärme bei dem
lebendigen Gott erfahren, heimkommen ins Vaterhaus, die Liebe und Zuwendung des himmlischen
Vaters konkreter und ungetrübter spüren, als das auf dieser von der Sünde
gezeichneten Welt möglich ist.
Und jeder Urlaub, bei dem wir nicht vor Gott zu fliehen
versuchen (vgl. Psalm 139,7ff), sondern ihm noch mehr Raum geben in unserem Leben,
aber frei von der Last der täglichen Arbeit, kann so ein kleiner Vorgeschmack
auf die ewige Ruhe sein.
Deshalb gehört Urlaub als Unterbrechung der Arbeit
zum menschlichen Leben. Auch Christen sollten da nicht meinen, es besser zu wissen
als ihr Herr. Selbst Jesus hatte seine ganz private "Urlaubsadresse", wo
er mal ausspannen konnte (vgl. Lukas 10,38f). Also brauchen auch ernsthafte Christen
ganz gewiss kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie die sprichwörtlich "schönsten
Wochen des Jahres" mal richtig genießen.
In einem englischen Lied heißt es: "Summertime,
and the living is easy". Übersetzt heißt das: "Sommerzeit, und
das Leben ist leicht". Das Lied erzählt von der Leichtigkeit sommerlichen
Lebens, eine Leichtigkeit zunächst in der äußerlichen Lebensweise.
Die Sonne scheint, es ist warm, der Himmel ist blau
und ein paar Schäfchenwolken schweben luftig über uns. Die Abende sind lang
und lau. Wir können vieles im Freien erleben was sonst zwischen Mauern eingezwängt
ist.
Wir sehnen uns nach dieser Idylle sommerlichen Lebens
und suchen sie im lange geplanten Jahresurlaub. Es geht wohl um mehr als die äußere
Leichtigkeit von Sommer, Sonne und Urlaub. Wir sehnen uns nach einer tiefer gehenden
Leichtigkeit. Die Seele baumeln lassen. Wir sind auf der Suche nach Entspannung von
Problemen und Zwängen, wir hoffen auf Erlösung vom belastenden Druck der
Sachzwänge des Alltags, nach der Gelöstheit eines sinnsatten Lebens. Dies
verspricht uns Jesus: "
so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen".
Es geht dabei nicht um trägen Müßiggang, sondern um eine erfüllte
Ruhe im Einklang mit sich selbst. Diese Ruhe, dieser Frieden ist die von uns ersehnte
sommerliche Leichtigkeit.
"Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere
Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Denn mein Joch drückt
nicht und meine Last ist leicht". Jesus möchte uns helfen, das schöne
Ziel der Ruhe und des Frieden zu erreichen. Wenn wir Jesu Gesinnung erspüren,
auf seine Güte und Demut hören, können wir den Weg zur Ruhe in unseren
Seelen finden. Jene Ruhe (Frieden), die aus der Gelassenheit kommt, nicht krampfhaft
das eigene und das Leben der anderen in Prinzipien zwängen zu wollen, sondern
wie Jesus aus der erlösten Herzensweite zu leben und zu lieben. In dieser Ruhe,
diesem Frieden ist unser Leben dann im tiefsten Sinne leicht. Wir atmen die laue Abendluft
der "summertime", wir lassen unsere Seele baumeln, unsere Seele wiegt sich
in Gottes Gegenwart wie in einem Schaukelstuhl auf der Veranda.
Wer dieses Angebot annimmt, erfährt einen heilenden
Frieden (Ruhe) von seinen Ängsten. Die Begegnung mit Jesus schafft einen heilsamen
Moment. Wenn wir mit den Augen des Herzens sehen, werden wir aufmerksam für Fassaden
und versuchen dahinter zu schauen. Leben kann viel mehr sein als tagein und tagaus
zu funktionieren und sich irgendwelchen Erwartungen zu beugen.
Veränderung geschehen meist langsam, sie lassen
sich nicht übers Knie brechen. Wer die Einladung Jesu annimmt, der wird manche
Entscheidung anders treffen und auf Dauer manche Dinge anders sehen. "Ihr werdet
Ruhe finden für eure Seelen", lautet die Verheißung Jesu. Die Seele
sehnt sich nach einem Leben das nicht in Äußerlichkeiten, im Fassadenhaften
verkümmert. Die Seele verlangt nach dem Leben in Ruhe (Frieden) das Erfüllung
schenkt und von dessen Sinn wir auch nach längerem Nachdenken noch überzeugt
sind. Dann bestimmen nicht mehr andere, wie wir zu leben haben. Dann leben wir.

Die Kirchengemeinde
Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht einen gesegneten Sonntag!
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