
Themenpredigt: "Ohne Fleiß
kein Preis?!"

Es gilt das gesprochene Wort!

[Teil 1] - Ich finde das schön,
dass heute so viele aus unserer Musikschule im "Leben live"-Gottesdienst
mitwirken. Immerhin ein dreiviertel Jahr habt ihr alle jetzt schon hinter euch in diesem
Musikschuljahr. Einige sind vielleicht schon ein paar Jahre in unserer Musikschule.
Und wir haben bewusst diesen "Leben live"-Gottesdienst heute im Mai ausgewählt,
denn wenn wir den im September genommen hätten, dann hätten wir nur Schüler
nehmen können, die schon über ein Jahr Musikunterricht nehmen. Denn stellt
euch einmal vor, wir hätten hier ein paar Schüler gebeten, vorzuspielen,
die gerade mit dem Unterricht angefangen haben, vielleicht eine Stunde hinter sich
haben. Abgesehen davon, dass sich jeder geweigert hätte, hier in der Kirche mitzuspielen
Aber wenn sie doch gespielt hätten, dann hätte es jämmerliche
Töne hier in der Kirche zu hören gegeben.
Es ist eben klar, und viele Sprichwörter bestätigen
es. "Aller Anfang ist schwer." "Es ist noch kein Meister vom Himmel
gefallen." Wenn man nicht gerade ein Musikgenie ist wie zum Beispiel Mozart, dann
kommt man um das intensive Üben nicht herum. Und je nachdem, welches Instrument
ich spiele, brauche ich auch mehr oder weniger lang, bis ich ihm die ersten schönen
Töne entlocken kann. Aber wenn ich mein Instrument nur alle paar Wochen aus dem
Koffer hole, dann werde ich keine Erfolge sehen. Und wenn ich keine Erfolge sehe, dann
vergeht mir schnell die Lust, überhaupt weiterzumachen. Und umgekehrt spornen
mich Erfolge an, erst recht weiterzumachen und mein Musizieren weiter zu verbessern
und in seiner Qualität zu steigern. Genau das will ja das Sprichwort "Ohne
Fleiß kein Preis" zum Ausdruck bringen. Wenn es also ums Spielen eines Musikinstrumentes,
ums Musizieren geht, dann können wir diese Formel "Ohne Fleiß kein
Preis" gewiss bestätigen und sie mit einem Ausrufezeichen versehen.
Doch was fürs Musikmachen gilt, das gilt auch
für viele andere Dinge im Leben. Im Sport etwa: Wer nicht regelmäßig
Sport macht und trainiert, der wird keine Leistungssteigerung erleben. Ohne Fleiß
kein Preis! Es gilt in der Schule: Wenn ich nicht meine Hausaufgaben mache, die nächste
Unterrichtsstunde vorbereite, lerne und übe, dann sind meine "Belohnung"
schlechte Noten. Ohne Fleiß kein Preis! Und ich könnte noch viele weitere
Bereiche nennen, in denen die Devise "Ohne Fleiß kein Preis" uneingeschränkt
gilt.
[Musik]
[Teil 2 - ] Nun gibt es aber einen Bereich, bei dem
bei vielen hinter dieser Formel "Ohne Fleiß kein Preis" kein Ausrufezeichen
steht, sondern ein dickes Fragezeichen: "Ohne Fleiß kein Preis?" Während
es uns im übrigen Leben ohne weiteres einleuchtet, ziehen wir die Wahrheit dieses
Satzes in einem Bereich gern in Zweifel. Ich meine den Bereich des Glaubens.
Wenn ich sage "Ohne Fleiß gibt es auch im
Glauben keinen Preis", dann ernte ich wahrscheinlich sehr schnell Widerspruch.
Dabei kann der Bewegrund, das Motiv, warum man diese Aussage bestreitet, durchaus unterschiedlich
sein.
Da gibt es die einen, die Leichtfertigen möchte
ich sie nennen, die sagen: "Ich bin doch getauft und konfirmiert, habe noch niemanden
umgebracht und versuche auch sonst, ein guter Mensch zu sein. Warum sollte ich den
Preis des ewigen Lebens nicht bekommen? Was überhaupt soll das sein, Fleiß
in Glaubensdingen?"
Dann gibt es aber auch die, die Sorge haben um die
Reinheit des evangelischen Glaubens, die Bedenkenträger, die sagen: "Hat
nicht Luther entdeckt, dass wir vor Gott nur gerecht dastehen durch den Glauben und
nicht durch die guten Werke, die wir tun? Wenn jemand Fleiß im Glauben fordert,
dann verlässt er doch die Kernbotschaft des evangelischen Glaubens, oder?"
Hier fällt dann schnell das Stichwort "Werkgerechtigkeit", vor der man
sich um jeden Preis hüten müsse, auch um den Preis, dann lieber gar nichts
zu tun, die Hände in den Schoß zu legen.
Beide "Parteien" irren sich. Und zwar aus
einem ganz einfachen Grund. Die Bibel redet nämlich durchaus vom "Fleiß",
der in Glaubensdingen angesagt ist.
Ich möchte zuerst einen Vers nennen, der äußerst
provozierend klingt: "Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern
" (Philipper 2,12b). Dieses "schaffen" kann man getrost wörtlich
nehmen im schwäbischen Sinn. Da gibt es ja das Motto "Schaffe, schaffe, Häusle
baue". Denn es ist hier nicht "schaffen" als kreatives Tun gemeint wie
in dem Satz "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde
" (1. Mose 1,1) sondern
tatsächlich Arbeit, Anstrengung, Mühe, Fleiß. Wörtlich steht hier:
"Erarbeitet euch eure Rettung mit Furcht und Zittern". Nun würde dieser
Satz in völligem Widerspruch zu anderen Aussagen im Neuen Testament stehen, etwa:
"Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes
Gabe ist es" (Epheser 2,8), wenn er nicht eine Fortsetzung hätte. Und die
hat er in der Tat: "Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und
das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen." (Philipper 2,13). Wenn wir also mit
Fleiß unsere Rettung erarbeiten, dann ist und bleibt es trotzdem Gottes Geschenk
und Gabe. Und weil es Gottes Geschenk und Gabe ist, deshalb kann die Anstrengung nicht
so groß sein, dass wir es nicht schaffen könnten, gerettet zu werden. Zugegeben:
Solche Worte klingen uns wenig vertraut, aber wir können auch nicht einfach so
tun, als ob es sie nicht gäbe.
Jesus selber gebraucht einmal das Bild vom Baum und
seinen Früchten und sagt: "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen
So bringt jeder gute Baum gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt schlechte
Früchte. Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen und ein fauler
Baum kann nicht gute Früchte bringen" (Matthäus 7,17-18). Frucht soll
also im Leben eines Christen wachsen und auch klar erkennbar sein. Frucht ist eigentlich
nur ein anderes Bild für die guten Werke des Christen. Aber dieses Bild macht
die Reihenfolge unmissverständlich klar: Aus dem Glauben kommen gute Werke. Gute
Werke machen aber keinen Glauben. Das ist die Grundaussage, die sich durch das ganze
Neue Testament zieht und die übrigens auch Martin Luther mit Nachdruck vertreten
und gepredigt hat. Wer also meint, gute Werke gehören nicht zum Glauben, seien
womöglich gar schädlich für den Glauben, der irrt und kann sich auch
nicht auf Luther berufen.
[Musik]
[Teil 3 - ] Ich möchte es an einem anderen Beispiel
deutlich machen.
Stellen wir uns vor, ein Mann sei total in seine Traumfrau
verliebt und sie liebt ihn auch. Als ein Freund ihre innigen Umarmungen und Liebkosungen,
sieht fragt er ihn: "Ich habe gehört, dass man Steuervorteile hat, wenn man
verheiratet ist. Wie oft muss man eine Frau mindestens küssen, damit sie einen
heiratet? Und wie oft muss ich Gutes von ihr erzählen, damit sie einen nicht verlässt?"
Was würdest du sagen? Ich vermute, der Verliebte
antwortet: "Liebe kann man sich nicht durch Küssen erkaufen - man bekommt
sie geschenkt. Und man kann dann Ja' oder Nein' sagen. Wenn Dein Ja'
aber nicht ehrlich ist, dann wird Deine Beziehung rasch vorbeigehen. Die Sache mit
den Steuervorteilen solltest Du am besten vergessen!"
Gewisse Steuervorteile folgen auf die Eheschließung,
aber sie schließen weder die Ehe noch wird jemand heiraten mit dem Zweck, daraus
Steuervorteile zu bekommen. So ähnlich ist es auch mit dem Glauben und den Werken.
Natürlich folgen aus dem Glauben - wie selbstverständlich - die guten Werke.
Aber die guten Werke machen nicht den Glauben, und man glaubt nicht mit dem Zweck,
gute Werke zu tun.
Ohne Fleiß kein Preis! Gute Werke gehören
zum Glauben. Besonders deutlich hat das Jakobus, der leibliche Bruder von Jesus, in
seinem Brief in Erinnerung gerufen: "Seid Täter des Worts und nicht Hörer
allein; sonst betrügt ihr euch selbst. Denn wenn jemand ein Hörer des Worts
ist und nicht ein Täter, der gleicht einem Mann, der sein leibliches Angesicht
im Spiegel beschaut; denn nachdem er sich beschaut hat, geht er davon und vergisst
von Stund an, wie er aussah. Wer aber durchschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit
und dabei beharrt und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter,
der wird selig sein in seiner Tat." (Jakobus 1,22-25). Und wenig später folgen
dann die Worte, die viele kennen: "So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke
hat, tot in sich selber
Willst du nun einsehen, du törichter Mensch, dass
der Glaube ohne Werke nutzlos ist? So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerecht
wird, nicht durch Glauben allein
Wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch
der Glaube ohne Werke tot" (Jakobus 2,17.24.26).
Das ist vielleicht die deutlichste Aussage im Neuen
Testament zu unserem Thema "Ohne Fleiß kein Preis". Es gibt aber noch
viele andere. Der Apostel Paulus vergleicht einmal das Christenleben mit dem Laufen
in der Wettkampfbahn und sagt dann: "Lauft so, dass ihr den Siegespreis erlangt!"
(1. Korinther 9,24b). Hier haben wir es also wieder: "Ohne Fleiß kein Preis!"
Und ähnlich heißt es im Hebräerbrief: "Lasst uns laufen mit Geduld
in dem Kampf, der uns bestimmt ist" (Hebräer 12,1b). Und dass es bei dem
Preis um das ewige Leben geht, das macht der bekannte Vers aus dem 2. Korintherbrief
deutlich, wo es heißt: "Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl
Christi, damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten,
es sei gut oder böse" (2. Korinther 5,10). Nicht, dass wir in den Himmel
kommen, dafür ist der Kampf des Glaubens nötig, wohl aber dafür, welche
Belohnung wir im Himmel bekommen. Den Himmel hat uns allein Jesus erworben, die Belohnung
im Himmel aber verdienen wir uns. "Ora et labora" - der Leitspruch der Benediktiner
hat diesen Gedanken aufgenommen: Zum Beten muss das Arbeiten hinzukommen. Beides ist
wichtig: "Bete und arbeite!" Glaube hat es durchaus mit Übung zu tun.
Paulus ermahnt seinen Schüler und Mitarbeiter Timotheus: "Übe dich in
der Frömmigkeit!" (1. Timotheus 4,7b).
Eins freilich ist wichtig! "Ohne Fleiß kein
Preis" - damit soll nicht purem Aktionismus das Wort geredet werden! Nicht Aktion
um der Aktion willen ist gefragt, sondern das Tun des Willens Gottes. Nicht umsonst
sagt Jesus: "Ohne mich könnt ihr nichts tun" (Johannes 15,5b). Und besonders
schön bringt der Apostel Paulus es zum Ausdruck in seinen Worten an die Gemeinde
in Kolossä: "Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles
im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn" (Kolosser 3,17).
Darauf kommt es an: Nicht blinder Aktionismus, sondern das reden und tun, was Gott
gefällt. Und damit ihr das aus diesem "Leben live"-Gottesdienst mit
nach Hause nehmt, bekommt ihr diesen Vers heute als "Mitgebsel".
"Ohne Fleiß kein Preis", das gilt also
auch für den Glauben. Wenn Glaube keine graue Theorie, keine abgehobene Philosophie
sein soll, die nichts mit unserem Leben zu tun hat - und das wäre nicht der biblische
Glaube, der ja Vertrauen zu Gott bedeutet -, dann sollten wir uns überlegen, ob
wir mit unserem Glauben "in Übung" sind oder nicht.
Das Übungsfeld für den Glauben ist vielfältig.
Wir kennen alle die wichtigen Stichworte.
Der Gottesdienst gehört natürlich dazu. Denn
wie soll ich das Wesen und den Inhalt des Glaubens verstehen, wie vor allem Gott, den
Vater, den Sohn, den Heiligen Geist kennen lernen, wenn ich nicht dahin gehe, wo darüber
gepredigt wird? Wie soll Gemeinde Jesu Christi vor der Welt sichtbar sein, wenn ich
mich von ihr zurückziehe und nur mein privates Christentum pflege?
Das Gebet, das Reden mit Gott und das Hören auf
ihn, und die Zeit dafür will immer wieder erkämpft werden, denn wenn Glaube
dem Wesen nach Beziehung ist, dann will diese Beziehung auch gepflegt sein.
Die Bibel, das Wort Gottes, soll reichlich unter uns
wohnen, das heißt unser Leben prägen und gestalten, uns Orientierung geben
für alle Fragen und Probleme unseres Lebens.
Eine wichtige Übung des Glaubens ist Gemeinschaft.
Dass ich mich nicht als Einzelwesen verstehe, sondern eingebunden in eine Gemeinschaft
mit anderen, die auch an Jesus Christus glauben und ihm nachfolgen. Konkret wird Gemeinschaft
in der Ehe, in der Familie, im Hauskreis erfahrbar.
Wir üben uns im Glauben, wenn wir nicht sprachlos
sind, sondern uns freudig zu Jesus Christus und seiner Gemeinde, seiner Kirche, bekennen,
wenn wir darauf angesprochen werden, und Menschen in die Gemeinschaft mit ihm einladen.
Wenn wir doch wieder neu erkennen würden, dass
Glaube einen Rahmen braucht, auch Regeln, die alles andere als gesetzlich sind, sondern
überhaupt erst den Raum für den Glauben eröffnen
- dann ist schon
viel gewonnen. Wenn wir wieder neu den Wert von Verbindlichkeit schätzen lernen,
der Beliebigkeit und ungeistlichen Gleichgültigkeit den Laufpass geben und neu
erkennen, wie wichtig es ist, in Übung zu sein und zu bleiben - auch in Glaubensdingen
-, dann hat sich das heutige Thema gelohnt.

Die Kirchengemeinde
Eysölden und das Gottesdienstteam wünscht einen gesegneten Sonntag!
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