
Themenpredigt: "Ich will dich
segnen ..."

Es gilt das gesprochene Wort!

"Ich will dich segnen, und du sollst
ein Segen sein", so sagt es Gott dem Abraham und er sagt es ihm persönlich.
Das also soll unser Thema heute sein: Der Segen. Unser deutsches Wort "segnen"
ist ein Lehnwort aus dem Lateinischen: "signare" bedeutet eigentlich: "ein
Zeichen, gemeint ist: das Zeichen des Kreuzes, machen". Segen ist immer eine Verbindung
von Wort und Zeichen, von Gesprochenem und einer Handlung.
Was fällt uns zum Segen ein?
Den Segen, den kennen wir natürlich aus dem Gottesdienst. Jeder Gottesdienst endet
mit einem Segen, den der Pfarrer unter Erheben der Hände zuspricht, meistens in
Form des sog. Aaronitischen Segens. Wenn wir aber das Thema Segen spezieller fassen,
im Sinne von "Segen persönlich empfangen", dann fällt vielen nicht
mehr so viel ein. Im Gegenteil. Diesen persönlichen - persönlich zugesprochenen
- Segen, den kennt man dann nur noch von bestimmten fest vorgegebenen Anlässen
im persönlichen Lebenslauf, nämlich: Taufe (!), Konfirmation, Trauung, Familiensegnung
bei der Taufe der eigenen Kinder, Jubelkonfirmation, Aussegnung (!). Manche benutzen
nach wie vor die Formel "Gottes Segen", die aber immer mehr aus der Mode
zu kommen scheint, wie auch das bairisch-fränkische "Grüß Gott",
was ja auch "Gott grüße dich", d. h. "Gott segne dich"
bedeutet. Dabei spielt der Segen in der Bibel keine ganz unbedeutende Rolle: Etwa 450-mal
begegnet das Wort im Alten Testament, 60-mal im Neuen Testament. Grund genug, sich
diesem Thema einmal genauer zu widmen. Was sagt die Bibel dazu?
Blicken wir zunächst in das Alte Testament, wo wir aber vieles finden, was für
den Segen im Neuen Testament als bekannt vorausgesetzt wird.
barakh heißt in seiner Grundbedeutung "mit heilvoller Kraft begaben":
"Das hebräische barakh bedeutet nicht nur das Segnen oder den Segensspruch,
sondern zugleich das Gesegnet-Sein', das Mit-Segen-Gefülltsein' und
die konkreten Segnungen, die daraus folgen ..." Segen meint eine spezielle Seite
des Wirkens Gottes. Der frühere Alttestamentler Claus Westermann schreibt: "Das
Reden vom Segen im Alten Testament bedeutet, dass die Gottesbeziehung den Menschen
in seinem Daseinsbogen von der Geburt bis zum Tod umfasst. Sie schließt das Wachsen
und Reifen, das Zunehmen und Abnehmen der Kräfte, das Genesen und Erholen, das
Hungern und Sättigen ein. Weiter meint es den Menschen in der Gemeinschaft, von
der Ehe und Familie bis in alle Differenzierungen des Gemeinschaftslebens hinein, den
Menschen in seiner Arbeit, im Wirtschaftsleben mit allen Problemen. Das Anerkennen
der Besonderheit des segnenden Wirkens Gottes [im Vergleich zu seinem rettenden Wirken]
bedeutet, dass es Gott nicht nur um das Heil' des Menschen geht, sondern um den
Menschen in der ganzen Fülle seiner Möglichkeiten und Bedürfnisse ..."
(Claus Westermann: Der Segen in der Bibel und im Handeln der Kirche, 1968). Westermann
unterscheidet also zwischen einem rettenden und einem segnenden Handeln Gottes. Segen
ist nichts Beliebiges, nicht etwas Geistiges, sondern konkret, geradezu "dinglich":
"Wenn ein Vater sein Kind segnet, so ist die Wirkung unaufhaltsam. Menschen und
Dinge, auf die Segen gekommen ist, sind wie geladen mit dieser Kraft, können sie
weiterleiten, ja sie wirken auf alles, was mit ihnen in Berührung kommt."
Was sind die Grundaussagen der Bibel über den Segen? Ich möchte ein paar
nennen, zunächst ausgehend vom Alten Testament.
1. Gott selbst ist Spender und Träger allen Segens
Der Segen ist in souveräner Freiheit gespendete Gnadengabe Gottes, mit der er
sich einzelnen oder seinem Volk zuwendet. Nur in und durch den Segen Gottes kann dem
Menschen das Werk seiner Hände gelingen: An Gottes Segen ist alles gelegen. Das
Gegenstück dazu ist der Fluch. Doch in seiner Souveränität kann Gott
auch Fluch in Segen verwandeln: "Der Herr, dein Gott
wandelte dir den Fluch
in Segen um, weil dich der Herr, dein Gott, lieb hatte" (5.Mose 23,6).
2. Gottes Segen - vom Beginn der Schöpfung an
Die erste Lebewesen, die er geschaffen hat, segnet er (1.Mose 1,22: "Und Gott
segnete sie [Wassertiere und Vögel] und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch
und erfüllet das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich mehren auf Erden."
Und gleich nach der Erschaffung des Menschen segnet er ihn. 1.Mose 1,28: "Und
Gott segnete sie [die Menschen] und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch
und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische
im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über
alles Getier, das auf Erden kriecht." Das erste, was Gott mit ihm, dem Menschen
tut, ist, dass er segnet. Segen kann im Alten Testament die Verheißung vieler
Nachkommen. So bei Abraham. 1.Mose 12,2: "Ich will dich zum großen Volk
machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst
ein Segen sein." Segen kann sein der Regen, der die Schöpfung erhält.
Gott segnet nicht nur Menschen und Tiere, auch seine Ordnungen, etwa den Sabbat, den
von Gott verordneten Ruhetag: 1.Mose 2,3: "Und Gott segnete den siebenten Tag
und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen
und gemacht hatte." Segen kann bestehen in Rindern oder Kleinvieh, in Korn und
Most, im vollen Früchtekorb und Backtrog. Das segnende Handeln Gottes gehört
jedenfalls zum 1. Artikel des Glaubensbekenntnisses, der von Gott dem Schöpfer
handelt. Rettendes Handeln Gottes geschieht immer zu einem bestimmten Zeitpunkt (punktuell),
das segnende Handeln dagegen begleitet uns durch unser ganzes Leben (linear).
3. Gottes Segen wird konkret erfahrbar im Gottesdienst
Hier wird auch deutlich, dass es notwendig ist, immer wieder neu den Segen zu empfangen.
Segen gibt es nicht auf Vorrat! Der Aaronitische Segen wird am Ende jedes Gottesdienstes
gesprochen. 4.Mose 6,22-27: "Und der HERR redete mit Mose und sprach: Sage Aaron
und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie
segnet: Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten
über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich
und gebe dir Frieden. Denn ihr sollt meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich
sie segne." Segen soll sich im Alltag auswirken. Während der Segen einem
Einzelnen mit Handauflegung vermittelt wird, geschieht die Mitteilung des Segens bei
einer Menschenmenge, also etwa bei der Gottesdienst-Gemeinde, durch erhobene Hände.
3.Mose 9,22: "Aaron hob seine Hände auf zum Volk und segnete sie
"
Ganz ähnlich macht es Jesus vor seiner Himmelfahrt: Lukas 24,50: "Jesus führte
sie [seine Jünger] hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete
sie." Die erhobenen Hände bei einer Menschenmenge ersetzen also quasi die
Handauflegung beim einzelnen: Es ist, wie wenn der Gott selber durch die Reihen geht
und jedem und jeder die Hände auflegt. Dass man den Segen nicht sitzend empfängt,
sondern im Stehen, finden wir auch schon in der Bibel: 2.Chronik 6,3: "Und [der
König] wandte sein Antlitz und segnete die ganze Gemeinde Israel, während
sie stand
"
4. Der Mensch kann Segen an andere weitergeben
Er kann Segen weitergeben an seine Erben: Jakob segnet Isaak (1.Mose 27,1ff): der Inhalt
des Segens kann langes erfolgreiches Leben, viele Nachkommen, vor allem aber schalom.
So dürfen auch wir z. B. als Eltern unsere Kinder segnen. Die Mitteilung des Segens
an einen einzelnen wir durch eine Geste unterstrichen, nämlich durch Handauflegung.
5. Der Mensch kann Segen an Gott zurückgeben
Der Mensch kann Gott "segnen". Ja, du hast richtig gehört! Der Mensch
kann Gott "segnen". "Gott segnen", das kommt an vielen Stellen
in der Bibel vor, nur ist es in der deutschen Bibel nicht immer gleich zu erkennen.
Es sind Texte, in denen in unserer Bibel das Wort "loben" oder "preisen"
steht; im Hebräischen steht da aber das Wort barakh, "segnen" (z. B.
1. Mose 24,48; 5. Mose 8,10; Richter 5,2.9). Ja, Gott segnen, das heißt Gott
preisen. Wer sein ganzes Leben in der Hand seines Schöpfers weiß, kann seinen
Glauben, seine Dankbarkeit, seine Hoffnung nicht besser zum Ausdruck bringen, als dass
er Gott die Ehre gibt. Der Mensch rühmt und verkündigt Tun und Wirken Gottes.
Außerdem findet sich der Satz "gesegnet sei Gott" als feste Formel
an drei Briefanfängen im Neuen Testament (Epheser-, 2. Korinther- und 1. Petrusbrief,
jeweils Kapitel 1, Vers 3).
Und damit sind wir beim Neuen Testament.
Zunächst einmal ist festzuhalten: Das Neue Testament bringt nichts grundlegend
Neues, es nimmt das Segensverständnis des Alten Testaments auf und setzt es voraus.
Das griechische Wort für Segnen, eulogeîn, bedeutet wörtlich: "das
Gute sagen" bzw. "etwas gut sagen", aber auch, wie das hebräische
barakh, "mit heilvoller Kraft" begaben.
Was finden wir nun im Neuen Testament über das Segnen?
1. Segnen bei Jesus
Wir kennen die Begebenheit, wo Jesus Kinder segnet, die von den Erwachsenen weggeschickt
werden sollten. (Markus 10,16). Bei der Speisung der 5000 segnet Jesus die fünf
Brote und zwei Fische (Matthäus 14,19). Beim Abendmahl spricht Jesus den Tischsegen
des jüdischen Hausvaters (Matthäus 26,26) Vor der Himmelfahrt segnet Jesus
die Seinen (Lukas 24,50).
2. Als Priester und Könige (1. Petrus 2,9; Offenbarung 5,10) sind alle, die zu
Jesus Christus gehören, ausdrücklich aufgefordert zu segnen
Matthäus 5,44: "Segnet, die euch fluchen." Der Grund, warum wir segnen
sollen, wird im 1.Petrusbrief (3,9) genannt, wo Petrus die Christen auffordert: "Segnet,
weil ihr berufen seid, dass ihr den Segen ererbt." Segnen kann nicht in eigener
Vollmacht und Autorität geschehen, nicht im eigenen Namen, sondern nur im Namen
Jesu. Das wird auch durch das Kreuzeszeichen unterstrichen: der Segen geschieht im
Namen Jesu, der am Kreuz für uns gestorben ist. Der segnet, ist nur ein Kanal,
durch den der Segen fließt (4.Mose 6,27: "Ihr sollt meinen Namen auf die
Israeliten legen, dass ich sie segne.") Segen ist wie Ströme lebendigen Wassers
(Johannes 7,38). Wenn der, der segnet, ein Kanal ist, dann kann natürlich der
Segen umso besser fließen, wenn er sich immer wieder vom Wort Gottes reinigen
lässt und aus der Vergebung lebt. Segen verändert Situationen und Menschen,
er verändert mich und die anderen.
<hier Zeugnis / persönlicher Bericht F.W. >
Auch wenn ich vorhin sagte, das Neue Testament setzt das alttestamentliche Verständnis
des Segens voraus - einen wichtigen Unterschied zum Alten Testament gibt es allerdings,
nämlich: Segen ist im Neuen Testament grundsätzlich nicht mehr materiell
zu verstehen. Epheser 1,3: "Gelobt [gesegnet!] sei Gott, der Vater unseres Herrn
Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus."
3. Die Segens-"Hierarchie" als geistliches Prinzip
Prinzipiell kann jeder Christ einen anderen Christen segnen. Die Segensvollmacht ist
auch keineswegs auf den Pfarrer beschränkt. Dennoch sollten wir daran denken,
was Hebräer 7,7 steht: "Nun ist aber unwidersprochen, dass das Geringere
vom Höheren gesegnet wird." Deshalb wird es eher selten vorkommen, dass ein
Kind seine Eltern mit Handauflegung segnet oder der Angestellte seinen Chef, wenn sie
denn beide Christen sind.
Zum Schluss noch ein paar Gedanken zur heutigen Praxis des Segnens.
Die Handauflegung findet sich im Alten wie im Neuen Testament. Im Hebräerbrief
(6,1-2) lesen wir eine interessante Bemerkung. Da schreibt der Apostel: "Darum
wollen wir jetzt aufhören, euch immer wieder in den einfachsten Grundlagen eures
Glaubens an Christus zu unterweisen
Es geht jetzt also nicht mehr darum, das
alte Leben hinter sich zu lassen, das letztlich zum Tod führt; auch nicht darum,
wie notwendig es ist, zu Gott umzukehren und ihm zu vertrauen. Ebenso wenig wollen
wir euch lehren über die Taufe, die Handauflegung, die Auferstehung der Toten
und über Gottes letztes Gericht." Das ist doch ein Hinweis darauf, dass bei
den frühen Christen die Handauflegung und das Wissen darum, wann und wie sie praktiziert
wird, zu den einfachsten Grundlagen des christlichen Glaubens gehörte, die in
einer Reihe mit der Bekehrung, der Taufe, der Auferstehung der Toten und dem Gericht
Gottes genannt wird.
Handauflegung ist ein Geschenk. Diese Geste kann uns davor bewahren, Segen rein geistig,
vergeistigt zu verstehen. Gott bedient sich bei der Handauflegung eines Mittels. Denn
die Mitteilung des Segens ist Vermittlung des Segens. Handauflegung beim Segen symbolisiert
Gottes Nähe, seine gnädige persönliche Zuwendung.
Segnen ist etwas anderes als Beten, es ist mehr als Fürbitte: persönlicher
Zuspruch des Segens und der Gegenwart Gottes: "Der Herr segne dich ..." ist
- auch sprachlich - etwas anderes als "Der Herr segnet dich", und auch etwas
anderes als "Herr, segne ihn/sie" (das wäre ein Gebet).
Natürlich ist Segnen wie Gebet nicht an Formeln und Formulierungen gebunden: Zuspruch
von Verheißungen und Segensworten der Bibel in persönlicher Form: Es geht
darum, dass wir das Kapital nutzen, das uns zur Verfügung steht! Im Segnen will
uns Gott in einer besonderen Weise "handgreiflich", spürbar nahe sein.
Es gibt jedenfalls unzählige Möglichkeiten, Segen persönlich zu erfahren,
und auch unzählige Möglichkeiten, wo wir selber segnen können und Segen
weitergeben können. Und es lohnt sich, damit Erfahrungen zu machen. Ein paar Anregungen:
a) ohne Handauflegung:
Häuser, Räume;
Gäste, die wir erwarten;
Menschen, die einem übelwollen;
Arbeitskollegen und Nachbarn;
b) mit Handauflegung:
ausgelaugt, ausgebrannt, entmutigt, traurig, enttäuscht ...;
Angst, Zweifel;
Wendepunkte des Lebens: Schwangerschaft, Geburt, Krankheit;
vor wichtigen Entscheidungen;
für eine bestimmte Arbeit;
zur Ausrüstung für bestimmte Dienste: Leitung, Aussendung;
beim Abschied;
vor einer Reise;
beim ersten bewussten Schritt im Glauben;
Beruf, Schulweg
- oder "einfach so"!
Und nun wollen wir auch hier aus der Theorie Praxis werden lassen

Die Kirchengemeinde
Eysölden wünscht einen gesegneten Sonntag!
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