18. "Leben live"-Gottesdienst, 02. Juli 2005
Der Gottesdienst wurde vorbereitet vom Gottesdienstteam. Die Predigt hielt Pfarrer Thomas Lorenz.

Der Predigttext ist mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus:
Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984.
© 1985 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten.
Ein Nachdruck des revidierten Textes der Lutherbibel sowie jede andere Verwertung in elektronischer oder gedruckter Form oder jedem anderen Medium bedarf der Genehmigung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Themenpredigt: "Auf die Plätze - fertig - … - warum eigentlich?


Es gilt das gesprochene Wort!


Sport übt schon eine große Faszination aus! Im Lexikon lesen wir: "Sport (aus engl: sport, Zeitvertreib, Vergnügen, aus gleichbedeutend frz. desport) bezeichnet das kulturelle Handlungsfeld, in dem Menschen körperliche und/oder geistige Tätigkeiten ausüben, die mit planmäßiger Körperschulung, meist im Bereich der Bewegungskunst, in Zusammenhang stehen. Eine häufig anzutreffende Ausprägung dieser planmäßigen Entwicklung körperlicher und/oder geistiger Fähigkeiten ist dabei das Messen mit Gegnern nach festgelegten Regeln im sportlichen Wettkampf/Wettstreit und Wettspiel."

Jeder, der Sport treibt, verfolgt damit ein bestimmtes Ziel. Dabei besteht das Ziel anfangs nicht unbedingt darin, Erster zu sein. "Dabei sein ist alles", dieser sog. olympische Gedanke, reicht für manchen als Motivation auch aus. Doch je länger jemand in einer Sportart trainiert und bei Wettbewerben mitgemacht hat, desto eher weicht der olympische Gedanke dem Ehrgeiz, Sieger zu sein, möglichst weit vorne zu sein. In der Tat, es liegt im Wesen des Sports, dass man immer besser werden will: "Sport ist das intensive Trainieren des menschlichen Körpers mit dem Ziel, den Körper zu höherer Leistungsfähigkeit zu entwickeln."

Dass wir uns heute hier im "Leben live"-Gottesdienst mit Sport beschäftigen, liegt natürlich zum einen daran, dass morgen wieder der "Quelle Challenge"-Triathlon stattfindet. Es hat aber noch mindestens zwei weitere Gründe:

Erstens: In der Bibel wird der Sport auch erwähnt, denn schließlich ist der Sport keine Erfindung des 20. Jahrhunderts, sondern gab es in unterschiedlichen Formen zu allen Zeiten. Dabei kann die Bewertung in der Bibel durchaus zurückhaltend bis kritisch sein, etwa in dem Satz, den Paulus an seinen Mitarbeiter Timotheus schreibt: "Die leibliche Übung ist wenig nütze; aber die Frömmigkeit ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens" (1. Timotheus 4,8). Allerdings ist hier zu bedenken, dass mit "leiblicher Übung" weniger das gemeint ist, was wir als Sport bezeichnen, als vielmehr körperliche Übungen mit dem Ziel, sein Bewusstsein zu erweitern und gewissermaßen dem "Göttlichen" näherzukommen. Solche religiösen, spirituellen Dimensionen des Sports werden in der Bibel klar abgelehnt. Der Sport an sich aber kann durchaus in der Bibel als Vorbild für den Glauben hingestellt werden. Am häufigsten findet sich der Vergleich mit dem Laufen im Stadion (1. Korinther 9,24-26a; 2. Timotheus 4,7; Hebräer 12,1-3), aber auch der Faustkampf (1. Korinther 9,26b-27) oder das Bogenschießen.

Und ein zweiter Grund, warum es sinnvoll ist, sich in einem "Leben live"-Gottesdienst mit dem Thema Sport zu beschäftigen, ist, dass Sportler, die an Jesus Christus glauben und bewusst als Christen leben, manche Parallelen zwischen dem Glauben und ihrem Sport feststellen.

Ich finde es ganz toll, dass sich zwei Sportler aus unserer Gemeinde, Heinz Müller und Hans Noderer, bereit erklärt haben, in diesem Gottesdienst ein bisschen über ihren Sport zu erzählen und sich dazu Fragen stellen zu lassen.

Ich möchte nun ein paar dieser Antworten herausgreifen und auf das Leben mit Jesus Christus, auf das geistliche Leben übertragen.

Die Frage unseres heutigen Gottesdienstes lautet ja: "Warum eigentlich?" Warum treibst du "deinen" Sport? Eine Antwort lautete: "Weil ich mich angemeldet habe und ich für mich oder die Mannschaft das Ziel erreichen möchte."

Für den Glauben gilt das ganz ähnlich. "Bin ich denn angemeldet?", so kann man fragen. Die Antwort ist sonnenklar: Du bist getauft. Dadurch bist du nominiert. Bei der Taufe wurde unser Name auf die Teilnehmerliste des Wettkampfs "Nachfolge Jesu" gesetzt.

Das Traurige freilich ist nun die Tatsache, dass nur ganz wenige für diesen Kampf Nominierte auch daran teilnehmen. Man stelle sich einmal vor, bei den Olympischen Spielen würde nur ein ganz geringer Teil der Sportler, die nominiert sind, tatsächlich auch antreten! Es wäre ein Skandal, eine Schande für die ganze Sportwelt! Beim Christsein freilich fällt uns dieser Widerspruch, dieser Skandal, offenbar nicht so auf; im Gegenteil: Wir finden es schon beinahe normal, dass jeder von uns einen Taufschein besitzt, einen Eintrag im Stammbuch, aber die meisten nicht im Traum daran denken, an diesem Wettkampf, der "Nachfolge Jesu" heißt, teilzunehmen.

"Das Ziel erreichen", das ist die zweite Motivation. Warum sollte jemand überhaupt loslaufen, wenn er nicht auch durchs Ziel kommen wollte? Im Sport kann man das Ziel verfehlen, wenn man nicht schnell genug ist oder wenn man auf der Strecke bleibt. Man kann dann leicht das Ziel verfehlen, wenn man sich ablenken lässt von anderen Dingen, die einem durch den Kopf gehen, oder auch von den Zuschauern am Rand. Da wird dann plötzlich anderes wichtig als der eigentliche Grund, nämlich die Teilnahme am Wettkampf.

In dem Kampf, in den wir als Christen gestellt sind, wird uns das Ziel immer wieder genannt: das ewige Leben, Leben mit Gott, Leben unter der Leitung von Jesus Christus … Unser Leben ist für die Ewigkeit bestimmt. Deshalb sollten wir nicht so leben, als ob dieses Leben auf der Erde alles wäre.

Darum betet Mose im 90. Psalm: "Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden" (V. 12). Darum sagt Gott zu dem reichen Kornbauern, der seinen Besitz für das Wichtigste im Leben hält: "Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?" (Lukas 12,20). Deshalb kann Paulus sagen: "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen" (1. Korinther 15,19).
Es ist sehr wichtig, vor Augen zu haben, dass wir in Ewigkeit Gemeinschaft mit Gott haben sollen, damit wir dieses Ziel nicht am Ende verfehlen.

Übrigens, das Wort "Zielverfehlung" heißt auf griechisch ƒmart°a [hamartía], ein Wort, das sage und schreibe 173-mal im Neuen Testament vorkommt. Allerdings finden wir es in unseren Bibel nicht in der Übersetzung "Zielverfehlung", sondern in der Übersetzung "Sünde". Wir sollten also "Sünde" nicht kleinkariert als moralische Verfehlung, als bloßen "Fehltritt", als "Kavaliersdelikt" verstehen. Nein, "Sünde" ist etwas viel Tiefgreifenderes und Weitreichenderes! Sünde ist, am Ziel des Lebens vorbeizugehen. Sünde ist, das Ziel des Lebens zu verfehlen. Sünde ist, ohne Gott zu leben. Um diese endgültige Zielverfehlung unseres Lebens zu vermeiden, ist es wichtig, hier in diesem Leben immer das Ziel im Blick zu behalten.

Erinnern wir uns an die Frage: "Wie wichtig ist in deinem Sport der Start?" und die Antwort darauf: "Sehr wichtig. Ein guter Start ist das halbe Rennen".

Durch unsere Taufe sind wir alle für das Rennen nominiert, wir sind angemeldet. Aber starten müssen wir schon selber. Auch einem Sportler nützt die Nominierung und Anmeldung allein gar nichts. Solange er nicht startet, wird er auch niemals am Ziel ankommen.

Dasselbe gilt auch für den Glauben. Die Taufe allein setzt uns noch nicht automatisch auch in Bewegung. Vielleicht würden wir uns das wünschen, dass die Taufe uns direkt ins Rennen katapultiert, dass sie also sozusagen den guten Start gleich mitliefert und wir dann bloß noch weiterrennen müssen. Aber so ist es nicht! Wir müssen selber durchstarten. Wir müssen bewusst loslaufen.

Das heißt für den Glauben. Wir müssen uns dafür entscheiden, das "Rennen des Glaubens" auf uns zu nehmen. Und starten und dann, laufen, laufen, laufen. Und wenn wir hinfallen, wieder aufstehen, und weiter laufen, laufen, laufen. Das ganze Leben lang. Christsein ist kein Spaziergang, der so nebenher geschieht. Mit Jesus leben, das hat ganz konkrete Folgen, ganz konkrete Auswirkungen auf mein ganzes Leben. Ich muss mich auf das, was der Trainer, Jesus Christus, will, einlassen, damit ich mich ständig verbessere. Ich muss mit den Spielregeln vertraut sein, weil ich sonst eine Zwangspause einlegen muss, die mich im Rennen zurückwirft; im schlimmsten Fall werde ich sogar disqualifiziert.

Gott sei Dank ist mein Trainer, Jesus Christus, da nicht so unerbittlich. Wenn ich etwas falsch mache, die Spielregeln verletze und ihm das sage, dann setzt er mich wieder neu in das Rennen und ich muss nicht alles aufholen, er setzt mich gewissermaßen wieder an die Stelle, so als ob ich weitergelaufen wäre.

"Warum eigentlich?" Warum soll ich eigentlich glauben? Und das heißt: Warum soll ich eigentlich als Christ leben, warum soll ich Jesus Christus nachfolgen? Neben den bereits genannten Gedanken möchte ich noch ein paar hinzufügen. Und wir werden merken, dass manche sowohl für den Sport als auch für den Glauben passen.

Ich glaube, weil ich es als die Wahrheit erkannt habe. Das klingt nach Entscheidung durch Nachdenken. Doch das allein haut nicht hin. Niemand entscheidet sich allein aufgrund logischer Schlussfolgerungen für den Glauben. Gewiss, es gibt eine Menge logischer Überlegungen, die zum Glauben führen können. Sie können aber immer nur ins Vorfeld des Glaubens führen, etwa zu der Überzeugung, dass es Gott gibt. Das dieser Gott aber etwas mit mir zu tun haben will, das erfahre ich nicht durch Nachdenken. Was letztlich allein den Glauben an Jesus Christus bewirkt, das ist eine tiefe, innere Überzeugung, die nicht von mir selber kommt, sondern, die Gott mir geschenkt hat. "Etwas in mir zeigt mir, dass es dich wirklich gibt. Ich bin gewiss, dass du lebst, mich kennst und mich liebst …"

Ich glaube, weil es mir besser geht. Das hört sich sehr vordergründig an. Und es wäre in der Tat zu kurz gegriffen. Glaube ist kein "Wellness"-Programm, durch das es mir besser gehen soll, sondern beim Glauben geht es um nicht weniger als um Rettung: Rettung aus der Sinnlosigkeit, Rettung aus einem ziellosen Leben, Rettung aus ewigem Getrenntsein von Gott, der Quelle des Lebens. Dass es mir dadurch im Leben besser geht, kann so sein, muss aber nicht sein. Natürlich lebt es sich in vielerlei Hinsicht leichter, wenn man sich getragen weiß. Wenn man weiß, dass man nie allein ist, weil der lebendige Gott da ist und ich andere Menschen kenne, die mit mir den Weg des Glaubens gehen. Wenn ich mich der Führung dessen anvertrauen darf, der diese Welt geschaffen hat und bis zum heutigen Tag erhält - und vieles mehr. Andererseits bekomme ich manche Schwierigkeiten und Probleme erst dadurch, dass ich glaube. Der Glaube ist keine Garantie, dass alles immer einfach so glatt geht.

Ich glaube, weil ich gemerkt habe, dass erst die Beziehung mit dem lebendigen Gott meine tiefste Sehnsucht gestillt hat. Nicht Dinge, nicht andere Menschen können mich wirklich innerlich ausfüllen. Gott, der Schöpfer, hat die Ewigkeit in mich wie in jeden Menschen hineingelegt (Prediger 3,11). Erst durch die Beziehung mit ihm erhält mein Leben die Bestimmung, die es in Gottes Augen haben soll.

Ich glaube, um mit Gott etwas zu erleben, weil es mich fasziniert. Gott will mit meinem Leben Geschichte schreiben. Er, der Herr der Welt und der Herr der Geschichte, hat etwas mit mir im Sinn, er hat einen guten Plan für mein Leben. Ein Leben mit Jesus Christus ist alles andere als eintönig und langweilig. Es ist ein Leben "aus dem Vollen". Ich möchte es in einem Bild ausdrücken: Das, was Menschen für die Fülle des Lebens halten, das sind gerade mal ein paar Zentimeter unterhalb der Wasseroberfläche. Dabei liegt noch ein ganzer Ozean darunter, den es zu entdecken gilt, der faszinierend ist und immer wieder neue Überraschungen bereithält. Mit Gott können wir in dieser Fülle des Lebens Großes, ja ganz neue Dimensionen entdecken, die anderen Menschen, die ohne Gott leben, verborgen bleiben.

Es ist gut und richtig, sich diese Frage "Warum eigentlich?" im Blick auf den Glauben zu stellen. Aber noch wichtiger ist es, loszulaufen. Denn manche Antwort erhalten wir erst, wenn wir tatsächlich loslaufen. Deshalb: "Gott lädt uns ein … Worauf noch warten? Warum nicht starten? Lasst alles andre stehn!" (Manfred Siebald).

Amen.

Die Kirchengemeinde Eysölden wünscht einen gesegneten Sonntag!